Neue Erkenntnisse über Holocaust
Entscheidung Hitlers zur Juden-Vernichtung fiel schon 1941
Hamburg (pte) (pte005/15.01.1998/10:31) Bisher war man in der Geschichtswissenschaft der Ansicht gewesen, Hitler habe die "Endlösung" nach den ersten großen Siegen im "Ostkrieg" beschlossen. Andere Historiker, vor allem Hans Mommsen, gingen davon aus, daß sich die Entscheidung zum Holocaust aus einer "kumulativen Radikalisierung" heraus entwickelt habe. Ein junger Historiker hat jetzt laut der Wochenzeitung "Die Zeit" eine neue These vorgelegt.
Der junge Berliner Historiker Christian Gerlach weist in einem Aufsatz der Zeitschrift Werkstatt Geschichte (18/1997) nach, daß es erstens einer Grundsatzentscheidung Hitlers bedurfte, bevor die Ermordung der Juden beginnen konnte und daß zweitens Hitler diese Entscheidung nicht auf dem Höhepunkt seiner Siegeswelle fällte, sondern nach der Wende an der Ostfront, im Dezember 1941. Gerlach wertete für seine Arbeit neue Quellen aus.
Als Schlüsseldokument diente ihm eine Tagebuchnotiz von Joseph Goebbels, in der dieser die Äußerung festhielt, die Hitler am 12. Dezember 1941 vor versammelten Reichs- und Gauleitern machte: "Bezüglich der Judenfrage ist der Führer entschlossen, reinen Tisch zu machen. Er hat den Juden prophezeit, daß, wenn sie noch einmal einen Weltkrieg herbeiführen würden, sie dabei ihre Vernichtung erleben würden. Das ist keine Phrase gewesen. Der Weltkrieg ist da, die Vernichtung des Judentums muß die notwendige Folge sein."
Auch die berühmt-berüchtigte Wannseee-Konferenz erscheint bei Gerlach in einem neuen Licht: Ursprünglich war sie für den 9. Dezember 1941 geplant, wurde dann aber kurzfristig auf den Jahresbeginn 1942 verschoben. Gerlach zufolge hing die Verschiebung mit der veränderten Entscheidungsgrundlage zusammen. Im Jänner 1942 ging es nämlich bereits um, wie Heydrich schrieb, "die praktische Durchführung der Endlösung der Judenfrage."
Vermutlich wird sich, so der Autor des ZEIT-Artikels, Volker Ullrich, gegen Gerlachs Interpretation Widerspruch regen, doch es werde schwerfallen, seine zu einer nahezu lückenlosen Indizienkette geknüpfte Beweisführung zu erschüttern. http://win.bda.de/bda/int/zeit/aktuell/artikel/endloes.txt.19980109.html
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