pte20060111018 Umwelt/Energie, Tourismus/Reisen

Horst Opaschowski: "Event-Manie hat Zenit erreicht"

Zukunftsperspektiven umweltfreundlicher Mobilität als Konferenz-Thema


Zukunftsforscher Horst Opaschowski
Zukunftsforscher Horst Opaschowski

Wien (pte018/11.01.2006/11:00) "In Zukunft könnte der stille Bergsee ohne rundum-Veranstaltung zum Tourismus-Event werden". Zu diesem Schluss kommt der Zukunftsforscher Horst W. Opaschowski von der Universität Hamburg beim Hintergrundgespräch "Zukunftsperspektiven umweltfreundlicher Mobilität in Freizeit und Tourismus" im Rahmen der europäischen Fachkonferenz "Umweltfreundlich Reisen in Europa - Herausforderungen und Innovationen für Umwelt, Verkehr und Tourismus" http://www.eco-travel.at .

Dass die Menschen aufhören mobil zu sein, glaubt der Forscher nicht. "Der homo sapiens war nämlich mobil, ehe er sesshaft wurde", so Opaschowski, bei seinem Vortrag in Wien. Humangeschichte sei gleichzusetzen mit der Geschichte des Ortswechsels und der großen Wanderungen. "Mobilität gilt als menschliches Urbedürfnis", so der Zukunftsforscher, der etwa auf die gleiche Wortwurzel von "Travel" (Reisen) und "Travail" (Arbeiten) hinweist. Der Mensch könne auf Dauer nicht untätig in seinen eigenen vier Wänden verweilen. Daran ändere auch der Komfort in der eigenen Wohnung nichts. "Es ist sogar erwiesen, dass Menschen mit bequemeren Wohnungen noch mehr dazu neigen mobil zu sein." Allerdings sieht der Experte auch das Ende der "Event-Manie" kommen.

Die Angst etwas zu verpassen, sorge für die massenhafte Ausbreitung der Freizeitmobilität. Dies sei das Ergebnis von Befragungen. "Alle Versuche, die Spontaneität des mobilen Menschen mit rationalen und verkehrsrechtlichen Mitteln einzuschränken, sind bisher nicht gelungen, weil sie den Gefühls- und Erlebniswert des Unterwegsseins außer acht gelassen haben", urteilt Opaschowski. Ein gleichwertiges Pendant zum Wegfahren gebe es offensichtlich nicht. Der Begriff "sanftes Reisen", der von Robert Jungk 1980 ins Leben gerufen wurde, sei eine Paradoxie des Anliegens. "Auch der sanfte Reisende zerstört, was er sucht - indem er es findet. Wenn Menschen massenhaft reisen, sind Massenbewegungen und (auch) Massenzerstörungen die Folge, wenn die Menschen nicht zu Hause bleiben", schlussfolgert der Experte.

Um Natur und Umwelt zu erhalten, sind nicht Auto und Reisen abzuschaffen. Zu überdenken sei der Automatismus der gewohnheitsmäßigen Mobilität. "Die umweltbewusste Devise für die Freizeitmobilität der Zukunft kann nur lauten, weniger zu fahren." Eine konsensfähige Begriffserklärung des mittlerweile neu definierten Terminus "Nachhaltiger Tourismus" kann nur darin bestehen, langfristig ökologisch tragbar, wirtschaftlich machbar und ethisch und sozial gerecht zu werden. Als ersten Lösungsansatz sieht der Wissenschaftler die Förderung und den Ausbau sanfter Freizeittechnologien, die zu einer Reduzierung des Autoverkehrs führen soll. Weiters müsste der Freizeit- und Ferienverkehr entzerrt werden. "Aus der Sicht der Tourismusbranche eröffnet im übrigen eine erfolgreiche Entzerrung der Touristenströme zusätzliche Wachstumschancen." Auf diese Weise werden temporäre Überlastungen von Natur und Landschaft vermieden. Ein weiterer Lösungsansatz sei eine Flexibilisierung von Ferienregelungen. "Aus ökologischer Sicht müsste der Zeitraum der Schulferien so verlängert werden, dass ein einziger rollierender Frühjahrs-Sommer-Herbst-Ferienblock zwischen April und September/Oktober entsteht."

"Die Überlegungen eines nachhaltigen Tourismus sind nicht neu", meint Opaschowski http://www.opaschowski.de im pressetext-Gespräch. Die Entwicklung habe sich bereits vor wenigen Jahren abgezeichnet. Zu den vordringlichsten Aufgaben des Staates zählen Informationsmaßnahmen wie Aufklärung, Lernprogramme und Förderungsmaßnahmen - insbesondere eine Verbesserung der Infrastruktur des öffentlichen Nahverkehrs sowie Sanktionsmaßnahmen in Form von gesetzlichen Regelungen.

Von den Slogans, die Zukunftsszenarien wie "Telekommunikation statt Automobilität" und "Datenhighway statt Autobahn" prognostiziert haben, hält Opaschowski wenig. "Die Rechnung wird hier ohne die menschliche Psychologie gemacht, denn virtuelle Mobilität kann Ortswechsel und Fortbewegung nur ergänzen, nie ersetzen."

Im Rahmen der Österreichischen Präsidentschaft der EU und der Österreichischen Präsidentschaft der Alpenkonvention findet am 30. und 31. Januar in der Wiener Hofburg die europäische Fachkonferenz "Umweltfreundlich Reisen in Europa - Herausforderungen und Innovationen für Umwelt, Verkehr und Tourismus" statt. Veranstalter sind das Lebensministerium http://www.lebensministerium.at und die Bundesministerien für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) sowie für Wirtschaft und Arbeit (BMWA).

(Weitere Fotos zur Veranstaltung finden Sie unter http://www.fotodienst.at/browse.mc?album_id=355 )

(Ende)
Aussender: pressetext in Kooperation mit dem Lebensministerium
Ansprechpartner: Wolfgang Weitlaner
Tel.: +43 1 81140-307
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