pte20220629001 Medizin/Wellness, Politik/Recht

Politik zieht Schlaglöcher Herzversagen vor

Forscher untersuchen Debatten - Computergestützte Analyse wertet riesige Datenmengen aus


Schlaglöcher: mehr im Gespräch als Herzversagen (Foto: pixabay.com, Jacob Ode)
Schlaglöcher: mehr im Gespräch als Herzversagen (Foto: pixabay.com, Jacob Ode)

Lancaster (pte001/29.06.2022/06:05)

Das Herzversagen wird im öffentlichen Diskurs gegenüber Schlaglöchern auf Straßen und Gehwegen als weniger wichtig angesehen, wie eine Studie unter der Leitung der Lancaster University http://lancaster.ac.uk zeigt. Diese Krankheit ist jedoch laut den Forschern so ernst wie eine Demenz oder Krebs. Große Anstrengungen seien nötig, um die Wahrnehmung zu verbessern und sicherzustellen, dass für das Herzversagen ähnliche öffentliche Mittel und Investitionen zur Verfügung stehen. Derzeit entfallen auf Herzversagen ein bis zwei Prozent des jährlichen Gesundheitsbudgets in Europa und den USA.

65 Mio. Betroffene

Laut Schätzungen sind weltweit rund 65 Mio. Menschen von einem Herzversagen betroffen. Dieser Wert wird mit der älter werdenden Bevölkerung und besseren Therapien bei koronaren Herzerkrankungen und Bluthochdruck laut den Forschern ständig steigen. Die Überlebenschancen nach einem Herzversagen sind relativ schlecht. 27 Prozent der Betroffenen sterben innerhalb von zwei Jahren nach der Diagnose. Innerhalb von fünf Jahren steigt dieser Wert auf 43 Prozent. Zehn Jahre nach der Diagnose erreicht er 65 Prozent.

Laut den Forschern hat sich die computergestützte Analyse der Sprache in großen Textmengen als nützlich erwiesen, um herauszufinden, wie Menschen über ernsthafte Erkrankungen denken und fühlen. Dieses Verfahren wurde jetzt beim Herzversagen zum Einsatz gebracht. Die Forscher wollten dabei auch die Häufigkeit der Bezugnahmen auf das Herzversagen in den britischen Parlamentsdebatten mit einem weniger gefährlichen Thema untersuchen, nämlich mit den Schlaglöchern auf britischen Straßen. Details wurden in "Open Heart" publiziert.

Debatten ausgewertet

Die Experten haben den "Oxford English Corpus" (OEC), der zwei Mrd. Wörter enthält, und die "UK Hansard Reports" parlamentarischer Debatten von 1945 bis 2021 genutzt. Ziel war es, die relative Häufigkeit, den Kontext und den Einsatz der Begriffe Herzversagen, Krebs und Demenz zu ermitteln. Der Analyse nach kommt "Herzversagen" 4,26 Mal pro eine Mio. Wörter im OEC vor. Bei Demenz liegt dieser Wert bei 3,68 und bei Krebs bei 81,96. Über Krebs wird 19 Mal häufiger gesprochen als über Herzversagen und 22 Mal häufiger als über Demenz. Diese Zahlen sind im Vergleich zum tatsächlichen Auftreten laut den Forschern überproportional hoch.

Der Begriff "Herzversagen" tauchte in den parlamentarischen Debatten viel seltener auf als Krebs und ab 1990 seltener als Demenz. Dazu kommt, dass Herzversagen deutlich seltener erwähnt wird, als Schlaglöcher auf Straßen und Gehwegen. 2018 wurde "Schlagloch" oder "Schlaglöcher" über zehn Mal pro einer Mio. Wörter erwähnt. Das ist 37 Mal öfter als bei Herzversagen. Diskussionen über Herzversagen neigen dazu vergleichsweise technisch und formelhaft zu sein. Es fehlen Berichte aus persönlicher Erfahrung, die es bei Krebs durchaus gibt. Zudem wurde Herzversagen typischerweise mit dem Wort "gestorben" in Verbindung gebracht.

(Ende)
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