Bäume wachsen vor allem in der Nacht
Sonnenlicht wirkt selbst bei feuchten Bodenverhältnissen laut neuer WSL-Studie hemmend
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Punktdendrometer an einem Stamm zur Wachstumsüberwachung (Foto: wsl.ch) |
Birmensdorf (pte023/21.06.2021/12:00) Bäume wachsen vor allem im Dunkeln respektive nachts. Sonnenlicht durch die trockenere Luft hingegen hemmt das Wachstum, selbst bei feuchten Bodenverhältnissen. Zu dem Schluss kommen Forscher in einer neuen Studie unter der Leitung der Eidgenössischen Forschungsanstalt WSL http://wsl.ch . Den Experten nach gedeihen Bäume nur wenige Stunden pro Tag und dies auch nur an vergleichsweise wenigen Tagen pro Jahr. Details wurden in "New Phytologist" veröffentlicht.
Klimawandel neu beurteilen
Den Forschern zufolge könnte das neue Wissen die Art und Weise verändern, wie Menschen die Folgen des Klimawandels auf Wälder betrachten - vor allem die Vorhersage der Kohlenstoffspeicherung. Der Studie nach ist es nicht primär die Verfügbarkeit von Kohlenhydraten, die das Wachstum von Bäumen begrenzt. Vielmehr spielt die sogenannte Saugspannung des Wassers im Baum, das sogenannte Wasserpotenzial, eine entscheidende Rolle.
Die Experten sprechen von "der weltweit ersten umfassenden Studie zum Dickenwachstum von Baumstämmen mit einer stündlichen Datenauflösung". Sie haben über 60 Mio. Datenpunkte analysiert, die bis zu acht Jahre erhoben wurden - und zwar an 170 Buchen, Fichten und anderen häufigen Baumarten an 50 Standorten in der Schweiz.
Kein kontinuierliches Wachsen
Die Daten zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit des Baumwachstums über die 24 Stunden eines Tages stark variiert: Der Radius von Stämmen schrumpft und dehnt sich unter dem Einfluss von Wasserstress in einem Bereich von ein bis 200 Mikrometer pro Tag. Diese Schwankungen werden vom Wachstum von Holz- und Rindenzellen, das durchschnittlich etwa ein bis fünf Mikrometer pro Stunde beträgt, überlagert, heißt es in der aktuellen Untersuchung.
Die Luftfeuchtigkeit spielt den Schweizern zufolge eine Schlüsselrolle, da sie das Wachstum hauptsächlich in der Nacht ermöglicht. In ihrer Studie schränkte ein hohes Dampfdruckdefizit (trockene Luft) tagsüber das Dickenwachstum stark ein, außer am frühen Morgen. "Die größte Überraschung für uns war, dass die Bäume sogar in mäßig trockenen Böden wuchsen, sofern die Luft ausreichend feucht war. Umgekehrt blieb das Wachstum sehr gering, obwohl der Boden feucht, zeitgleich die Luft aber trocken war", so WSL-Studienleiter Roman Zweifel.
Sobald die Luft trockener wird, verlieren die Bäume vorübergehend mehr Wasser durch Transpiration, als sie über ihre Wurzeln aufnehmen können. Der gesamte Baum gerät unter Spannung, das Stammwasserpotenzial sinkt und sein Wachstum stoppt, unabhängig von der Verfügbarkeit von Kohlenhydraten. "Bäume hören auf zu wachsen, bevor die Photosynthese gehemmt wird", fasst Zweifel zusammen. Das könnte zum Beispiel erklären, warum Bäume in trockeneren Umgebungen zwar noch Kohlenhydrate speichern, aber kaum noch wachsen.
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