Neues Fondsgesetz: Liechtenstein setzt Kontrapunkt
Erlass für Verwalter alternativer Investmentfonds früher als in EU
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Klaus Tschütscher: "Starker Finanzplatz wichtig" (Foto: regierung.li) |
Wien/Vaduz (pte027/06.12.2012/15:00) Während die EU die nunmehr seit zwei Jahren zur Beschlussfassung vorliegende Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds noch immer nicht auf den Weg gebracht hat, prescht das kleine Fürstentum Liechtenstein vor. "Ich gehe davon aus, dass das Parlament in zwei Wochen grünes Licht für das Gesetz gibt. Wenn der Markt in Europa 2013 für potenziell 500 Mio. europäische Einwohner geöffnet ist, haben wir bereits den Startschuss abgegeben. Das sind neue Rahmenbedingungen in einem steuerkonformen Umfeld, die für uns wichtig sind", sagt Regierungschef Klaus Tschütscher http://regierung.li im pressetext-Interview.
Exzellenz-Cluster im Visier
Der gerade einmal rund 36.500 Einwohner zählende Binnenstaat zwischen Österreich und der Schweiz will mit der Umsetzung der neuen rechtlichen Vorgaben nicht zuletzt sein Image als Steueroase neutralisieren. "Das Gesetz zur Regelung der Fondsverwaltung für alternative Investments soll eine hohe Benchmark setzen. Wir wollen keine Attraktion bieten in der Masse, dass möglichst viele Fondsverwalter zu uns kommen. Vielmehr legen wir großen Wert darauf, dass diejenigen, die sich im Fürstentum niederlassen, einen Cluster bilden auf hohem qualitativen Niveau", unterstreicht Tschütscher, der bereits seit Ende März 2009 im Amt ist.
Neben der Bedeutung Liechtensteins als Finanzplatz außerhalb der Europäischen Union hebt der gelernte Jurist aber auch die Rolle der Industrie hervor. Innovationen sind für Tschütscher hierbei der Haupttreiber für wirtschaftlichen Erfolg. "Wir sind das höchste industrialisierte Land in Europa. 35.000 Arbeitskräfte - davon sind alleine ungefähr 18.000 österreichische, Schweizer und deutsche Pendler - gehen tagtäglich ihrer Arbeit nach. 40 Prozent sind in der Industrie und im warenproduzierenden Gewerbe tätig. Damit ist unsere Wirtschaft sehr breit aufgestellt und von der Industrie getrieben", führt Tschütscher auf pressetext-Nachfrage an.
Industrie und Gewerbe als Rückgrat
Das aufgrund der seit fast 90 Jahren andauernden Zollunion mit der Schweiz und seit über 17 Jahren im EWR primär in zwei Wirtschaftsräumen tätige Liechtenstein schneidet mit seinem Industrie- und Gewerbe-Anteil im Vergleich zur DACH-Region überproportional stark ab. In Deutschland, Österreich und der Schweiz macht dieser Anteil je gerade einmal 25 Prozent an der Wirtschaft aus. Zu den bekanntesten Unternehmen zählen Hilti, ThyssenKrupp Presta, Hoval, Hilcona, Ivoclar Vivadent oder OC Oerlikon Balzers. "Der EWR bedeutet enorme Chancen, aber auch enorme Verpflichtungen in der Übernahme von Recht", so Tschütscher.
Angesprochen auf die Staatsschuldenkrisen vieler Euroländer antwortet der Regierungschef diplomatisch: "Wir sind ein Land ohne nennenswerten eigenen Binnenmarkt, bei uns nutzen Konjunkturprogramme nichts, das können wir zur Ankurbelung der Wirtschaft vollständig vergessen. Alles, was in Europa geschieht, hat in einer Exportnation mit fast 100 Prozent Exportquote unmittelbare Auswirkungen auf Liechtenstein - auf die Unternehmen, aber auch auf den Staatshaushalt. Wenn es der Weltwirtschaft gut geht, dann geht es uns auch gut. Geht es ihr schlecht, gibt es kein Ausweichen, das spüren wir dann unmittelbar", weiß Tschütscher.
Haushaltssanierung wird fortgesetzt
Die Sanierung des eigenen Staatshaushalts sieht der Liechtensteiner Regierungschef als vordringlichste Aufgabe. Seit 2009 befindet sich das schuldenfreie Fürstentum auf einem Sanierungskurs, der jedoch noch weiter vorangetrieben werden soll. "Wir haben bereits etwas über 100 Mio. Schweizer Franken (rund 82,5 Mio. Euro) eingespart bei einem Etat von rund 950 Mio. Schweizer Franken. Das reicht jedoch nicht aus, weshalb wir derzeit ein drittes Paket schnüren", so der Politiker. Stolz ist er auf die "Schuldenverhinderungs-Bremse". "Im neuen Finanzhaushaltsrecht ist definiert, dass die Regierung, wenn der Finanzplan über eine Periode von vier Jahren negativ ausfällt, dazu gezwungen ist, entsprechende Maßnahmen zu setzen."
Tschütscher, der sich als Regierungschef im Frühling 2013 nicht noch einmal aufstellen lässt und zur Wahl für den Verwaltungsrat des größten Schweizer Lebensversicherers Swiss Life http://swisslife.com antritt, will sich "neuen Herausforderungen" stellen. Der Finanzexperte ist zudem Präsident der erst im Juli dieses Jahres neu gegründeten CARLO Foundation http://carlofoundation.org , die sich mit Unterstützung der Liechtensteiner Regierung das Ziel gesetzt hat, mittelfristig eine Rating-Agentur aufzubauen, die Finanzprodukte bewertet, so dass der Kunde darauf vertrauen kann, dass seine Investments nachhaltig und sicher sind.
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