WIFO-Chef Aiginger: "Kerneuropa absolut unsinnig"
Fiskalunion mit Bankeninsolvenzrecht und Transaktionssteuer nötig
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Aiginger und Androsch: EU auf theoretischem Wachstumskurs (Foto: S. Renlom) |
Wien (pte019/27.04.2012/13:30) Die Consultatio Steuerberatung http://consultatio.at hat Kunden wie Interessierte zum Diskussionsabend "Wohin steuert Europa - wohin Österreich?" geladen. Karl Aiginger, Leiter des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO) http://wifo.at , sprach dabei von der EU als Erfolgsmodell, das jedoch geeignetere Strukturen und eine Wachstumsstrategie braucht. Kanzlei-Gründer Hannes Androsch hingegen kritisiert die "bewusste Intransparenz" öffentlicher Haushalte und sieht den Euro im Währungskrieg mit dem Dollar.
Krisenbewältigung mangelhaft
"Was einst mit sechs Ländern begann, ist heute der größte Binnenmarkt der Welt", so der WIFO-Chef. Jedoch sei die EU in den Strukturen verbesserungswürdig und bei der Krisenbewältigung zu langsam, zu zögerlich, populistisch und letztlich zu teuer. Man müsse, so Aiginger, die Staatshaushalte konsolidieren und gleichzeitig für Wirtschaftswachstum sorgen. "Das Eine ohne das Andere wird nicht funktionieren." Die Reduktion auf ein Kerneuropa ist für den WIFO-Chef hingegen "absolut unsinnig".
In einem Kerneuropa der finanziell gesunden Staaten wie Finnland, Deutschland und Österreich wäre etwa Frankreich "nur Ehrenmitglied". Ein solcher "Schrebergarten" würde derzeit 13 Prozent der Weltwirtschaft ausmachen, bis 2050 jedoch weniger als zehn Prozent. "Die EU-27 käme bis dahin als schon heute größter Wirtschaftsraum auf 35 Prozent, die USA auf 25 Prozent." Aiginger nach könnte die EU künftig zum besten sozioökonomischen Modell werden. "Wenn wir uns nicht um unsere Nachbarn kümmern, dann werden es Länder wie die Sowjetunion oder der Iran tun."
Erfolgsgeschichte Österreich
Hannes Androsch, Berater der Weltbank und ehemaliger österreichischer Finanzminister, hält den Weg der Alpenrepublik für einen "geradezu unfassbaren Erfolg". Er schränkt allerdings ein: "Aber der öffentliche Sektor schwächelt zusehends samt Subventionsdschungel und den doppelt so vielen Krankenständen." Die EU muss, so Androsch, auch zur Fiskalunion werden und ihre Ausgaben ähnlich dem einstigen Marshall-Plan kontrollieren. "Da haben die Mitgliedsländer noch Hausaufgaben zu machen."
Wie Androsch fordert Aiginger ein europäisches Bankeninsolvenzrecht, wo Spareinlagen gesichert bleiben müssen, aber auch die viel zitierte Transaktionssteuer. Der Verzicht darauf sei "völlig unsinnig", zumal andere Steuererhöhungen bis hin zu "27 Bankensteuern" die Gesamtwirtschaft noch mehr belasten würden. Das Euro-System sei durch die gigantischen Haftungssummen nicht gefährdet, meint der WIFO-Chef, erst bei einer Arbeitslosigkeit von 30 Prozent. Dieses sei durch Eurobonds abzusichern (pressetext berichtete: http://pressetext.com/news/20120419015 ).
OECD als Ratingagentur
Ratingagenturen haben laut dem Ex-Finanzminister an den Staats- und Finanzkrisen große Schuld. Man könne durchaus Fragen nach ihrer Legitimität stellen. "Aber China hat eine eigene Ratingagentur, warum nicht auch Europa", überlegt Androsch. Aiginger könnte sich als so eine europäische Ratingagentur sehr gut die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) http://www.oecd.org vorstellen, die seit Jahren schon Länder genau analysiert.
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