"24-Stunden-Dienstleistungsgesellschaft nötig"
Symposium für Arbeitsmedizin will Betriebsärzte als neue Gatekeeper
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Susanne Schunder-Tatzber: neue Präsidentin des AAm (Foto: S. Renlom) |
Wien (pte021/23.04.2012/13:05) Über die Arbeitswelt bis 2025 hat die Österreichische Akademie für Arbeitsmedizin (AAm) http://aam.at anlässlich eines Symposiums in der Wiener Urania diskutiert. Bernd Marin, Chef des Europäischen Zentrums für Wohlfahrtspolitik und Sozialforschung http://www.euro.centre.org , forderte dabei eine "24-Stunden-Dienstleistungsgesellschaft" mit Jahresarbeitszeitmodellen und mehr Telearbeit. AAm-Präsidentin Susanne Schunder-Tatzber sprach von Arbeit als "hoch salutem Faktor" und Betriebsärzten als "neue Gatekeeper".
Katastrophale Arbeitsanreize
Infolge "makroökonomischer Einschläge" ist laut Marin die Gesellschaft in die schlimmste Krise seit 1930 gelangt - 25 Jahre seien verloren, alle Vermögenswerte betroffen. "Erstmals in der Geschichte werden wir in vier Jahren nur drei älter - wenn man vom Lebensende her denkt", so der Experte. Langlebigkeit dürfe nicht mit Alterung verwechselt werden. Bald drei Mio. Österreicher über 65 Jahre hingegen bezeichnete der Professor als "Wahnsinn" und darüber hinaus die Ruhestandsillusion der Bevölkerung als "ganz schöne Fehlleistung".
Demnach verschätzt sich bei der Lebenspensionssumme jeder Haushalt um rund 170.000 Euro. Ab 2025 müsse laut dem Experten das Pensionseintrittsalter um fünf Jahre angehoben werden. "Nur Deutschland und Österreich haben mit dieser Wahrheit ein Problem", weiß Marin. Derzeit möchten hierzulande 80 Prozent krankheitsbedingt in Rente gehen, 70 Prozent tun es im Allgemeinen vorzeitig. "Das kostet doppelt so viel wie die Arbeitslosigkeit", analysiert Marin. Schuld daran seien "katastrophale Arbeitsanreize".
Telearbeit ausbauen
Noch immer erfolgt laut Marin mehr unbezahlte als bezahlte Arbeit - mehrheitlich von Frauen. "Wir sind eine feudale Haushaltsökonomie und noch keine Marktgesellschaft", unterstreicht der Experte. "Dass einmal die Versorgungsklasse die Erwerbsklasse übersteigt, hätten sich Renner oder Bismarck nicht vorstellen können." In Österreich sei man längst in der Freizeitgesellschaft angekommen, was zur Einführung einer "24-Stunden-Dienstleistungsgesellschaft" führen müsse - mit Mehrfachbesetzungen einzelner Jobs.
Arbeit und Beruf hätten in der Bevölkerung ihren zentralen Stellenwert verloren, die Freizeit stets an Bedeutung gewonnen. "Wegen der Arbeit auf Freizeit zu verzichten, kommt für die meisten nicht mehr in Frage", sagt Marin und empfiehlt den Übergang zu einer "richtigen Vier-Tage-Woche" samt Wahlarbeitszeitmodellen. "Die Leute schätzen Blocks." Auch in der Telearbeit und beim Desk-Sharing könnte hierzulande viel aufgeholt werden: "Da herrscht noch unglaublich viel Ablehnung und keine Vertrauensgleitzeit."
"Arbeit macht nicht krank"
Schunder-Tatzber hingegen appelliert an jeden Einzelnen, auf seine Gesundheit zu achten. "Arbeit jedenfalls macht nicht krank", so die AAm-Präsidentin. In den Unternehmen hätten die Betriebsärzte als neue Gatekeeper auf richtige und individuellere Maßnahmen zu achten. Jugendlichen würden Workshops helfen, jungen Arbeitnehmern eine Work-Life-Balance bis hin zu Anti-Perfektionskursen und den Etablierten in mitunter "Sandwichpositionen" Selbstreflexion oder die Neuorientierung.
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