Migranten spüren Schmerzen intensiver
Schweizer Studie analysiert kulturelle Unterschiede
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Schmerzen: Psychische Verfassung hat Einfluß (Foto: pixelio.de, G. Altmann) |
Zürich (pte022/21.09.2011/13:30) Forscher in Zürich haben im Rahmen eines interdisziplinären Schmerzprogramms den Einfluss eines Migrationshintergrunds auf den Behandlungserfolg untersucht. Die Auswirkungen waren in allen Untersuchten Bereichen negativ. Auch die Schmerzintensität liegt bei Migranten deutlich höher als bei den untersuchten Personen aus der Schweiz. "Es gibt tatsächlich ein Nord-Süd-Gefälle beim Schmerzempfinden. Der Schmerz ist zwar der gleiche, aber im Norden wird er eher ertragen, während er im Süden ausgelebt wird", sagt Rudolf Likar von der österreichischen Schmerzgesellschaft http://www.oesg.at im Gespräch mit pressetext.
Psychische Erkrankungen
Für die Studie wurden der psychologische Gesundheitsstatus und die Schmerzintensität von 118 chronischen Schmerzpatienten aus Zürich und Umgebung untersucht. 50 davon hatten einen Migrationshintergrund. Die Teilnehmer mussten zu Beginn und zum Ende der Behandlung sowie drei, sechs und zwölf Monate danach Fragebögen ausfüllen. Die Patienten ohne Migrationshintergrund hatten zu allen gemessenen Zeitpunkten eine bessere psychologische Funktionsfähigkeit. Auch die Verbesserung war bei den Nicht-Migranten besser, sowohl kurz- als auch langfristig. Die Patienten mit Migrationshintergrund wiesen höhere Werte bei der Schmerzintensität und beim Katastrophisieren auf.
Bei der Gruppe der Migranten war zudem kein dauerhafter Erfolg zu messen. Ein Jahr nach Abschluss der Behandlung war die Situation wieder dieselbe wie davor. Die Gründe für die schlechteren Heilungschancen für Migranten sieht die Studie in der Zusammensetzung der Gruppe. Die meisten Teilnehmer mit Migrationshintergrund stammten aus dem ehemaligen Jugoslavien und haben geringe Einkommen und Schulbildung. Viele von ihnen waren außerdem durch Erlebnisse während des Krieges traumatisiert. "Solche Faktoren haben großen Einfluss auf das Schmerzempfinden. Solange psychologische Grundprobleme nicht behandelt werden, kann auch jahrelange Therapie chronische Schmerzen nicht beseitigen", sagt Likar.
Soziale Hintergründe
Unglückliche Menschen empfinden Schmerz intensiver als glückliche. Das kennt jeder aus eigener Erfahrung. Bei chronischen Schmerzen ist das nicht anders. Allerdings kann hier ein Teufelskreis entstehen. "Chronische Schmerzen schalten die Hemmsysteme des Körpers aus. Irgendwann hat der Körper keine Kraft mehr. Zudem können durch die Dauerbelastung Depressionen entstehen, die die Schmerzen noch unerträglicher scheinen lassen", erklärt Likar. Hier liegen auch die Gründe für das schlechte Abschneiden der Migranten in der Studie. "Das hat nichts mit Migrationshintergrund zu tun, sondern mit dem sozialen Status und den traumatisierenden Erlebnissen der Migranten", sagt Likar.
Auch in der Studie selber wird klar, dass es eher um die Verhältnisse der Teilnehmer geht. Migranten aus Deutschland, Österreich oder Liechtenstein wiesen keine Unterschiede zu Schweizern ohne Migrationshintergrund auf. Zur Verbesserung der Therapien für Migranten schlagen die Autoren der Untersuchung vor, die psychologische Betreuung zu intensivieren und durch soziale und ökonomische Beratung zu ergänzen. Auch Hilfe bei der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt wäre laut Studie wirksam. An diesen Punkten kann man auch ansetzen. "Die Traumata hingegen kann man nicht ausgleichen. Was diese Leute gesehen haben, war einfach zu schrecklich", so Likar.
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