pte20110915029 in Leben

Ex-Öl-Multi Chodorkowski meldet sich aus Knast

Ehemals reichster Russe schreibt Kolumne für Oppositionsblatt


Putin und Chodorkowski: Neuer Ärger bahnt sich an  (Foto: cc www.kremlin.ru)
Putin und Chodorkowski: Neuer Ärger bahnt sich an (Foto: cc www.kremlin.ru)

Moskau (pte029/15.09.2011/16:45) Der frühere Chef der mittlerweile liquidierten Mineralölfirma Yukos. Michail Chodorkowski, schreibt seit einigen Wochen eine Kolumne für die russische Zeitung The New Times. Unter dem Titel "Menschen des Gefängnisses" schreibt der Ex-Oligarch über die Schicksale ausgesuchter Mithäftlinge. Dabei spart er auch nicht mit Kritik am russischen Staatswesen. "Bei Russlands Reputation - was Presasefreiheit angeht - ist es schon überraschend, dass die Regierung Chodorkowski erlaubt, für eine kritische Zeitung zu schreiben", wundert sich Steven Ellis, Pressefreiheitsberater beim internationalen Presseinstitut http://www.freemedia.at , im Gespräch mit pressetext.

Hartes Los

Chodorkowski ist wegen angeblicher Wirtschaftsverbrechen mehrfach zu Haftstrafen verurteilt worden. Beobachter wie Ellis sagen, dass der Prozess politisch motiviert war. Er wird ständig zwischen Gefängnissen und Straflagern hin- und hergeschoben. Momentan befindet er sich in einem Lager in Karelien, an der Grenze zu Finnland. Dort hat ihn auch die relativ kritische Oppositionszeitung The New Times aufgespürt, um ihm ein Angebot zu machen. Seither schreibt Chodorkowski je nach Möglichkeit "alle zwei bis drei Wochen" eine Kolumne, wie das Blatt verkündet.

In seinen Kolummnen attackiert er das politische System in Russland recht heftig. Er macht die Willkür im Staat direkt für die Schicksale der Gefangenen verantwortlich. "Eigentlich ist es für kritische Medien schwerer geworden in den letzten Jahren. Die Situation der Pressefreiheit hat sich deutlich verschlechtert", so Ellis. Trotzdem sind die ersten beiden Beiträge von Chodorkowski bereits erschienen. Experten vermuten, dass die Regierung keine Angst hat, die Deutungshoheit im Fall Chodorkowski zu verlieren, da eine kleine Zeitung keine Herausforderung für das staatliche Medienimperium darstellt.

Politische Konsequenzen

Chodorkowski soll nach momentanem Stand der Dinge im Jahr 2016 aus der Haft entlassen werden. Bis dahin ist er vom guten Willen der Regierung abhängig. Allzu kritische Aussagen könnten ihn durchaus in Bedrängnis bringen. "Immer wenn sich jemand in einem Land mit unfreier Presse kritisch zu Wort meldet, muss er mit Konsequenzen rechnen", sagt Ellis. Bleibt zu hoffen, dass seine Kolumne in Russland weiterhin keine allzu hohen Wellen schlägt.

(Ende)
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