Polizzen: Piraten füllen Versicherern die Taschen
Schutzpapiere für Frachter heiß begehrt - Notwendiges Übel für Reeder
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Piratenflagge: Geschäft mit der Angst boomt (Foto: pixelio.de, Daniela Baack) |
Bremen (pte013/27.08.2010/13:45) Die steigende Zahl an Kaperungen von Handelsschiffen am Horn von Afrika ist nicht nur für die somalischen Piraten ein gutes Geschäft. Um sich vor den hohen Lösegeldforderungen finanziell abzusichern, schließen die Reeder spezielle Zusatzversicherungen ab. Und das Geschäft mit diesen durch die Piraterie erfundenen Kriegs-Versicherungspolicen blüht. Davon profitiert besonders der Finanzplatz London, wo diese sogenannten "Kidnap & Ransom"-Polizzen ("Entführung & Lösegeld") gehandelt werden. Für die Reeder gibt es wenig Alternativen, ein angedachtes Verbot dieser Polizzen stößt auf heftigen Widerstand - bei allen Beteiligten.
"Piraterie gilt versicherungstechnisch als Spitzenrisiko mit relativ geringer Eintrittswahrscheinlichkeit, aber immens hohem Schadenspotenzial", erklärt Niels Stolberg, geschäftsführender Gesellschafter bei Beluga Shipping http://www.beluga-group.com , im Gespräch mit pressetext. "Wir schließen für jedes Schiff, welches vor allem die gefährliche Passage am Horn von Afrika befährt, eine Zusatzversicherung ab", so der Reeder. Obwohl die Versicherungsprämien pro Frachter vertraulich sind, spricht man unter der Hand von 10.000 bis 20.000 Euro.
Know-how der Piraten steigt
Laut Zahlen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) http://www.diw.de bewegen sich die Lösegeldforderungen der Piraten zwischen ein und fünf Mio. Dollar, andere sprechen von bis zu zwölf Mio. Dollar pro Schiff. Das ist aber meist nur ein kleiner Bruchteil des Werts der Schiffsladung. Für die Seeräuber geht es nur um das Lösegeld, die eigentliche Fracht ist oft unerreichbar. "Die Piraten verfügen nicht über die Infrastruktur, um die Ladung eines Frachters zu löschen", erklärt Anja Shortland vom DIW.
Für die Reeder ist die sprunghaft angestiegene Piraterie ein Teufelskreislauf. "Die moderne Piraterie wird mit jeder gezahlten Lösegeldsumme weiter an Professionalität zunehmen, doch aus Reedersicht bleib im Fall meist nur eine Verhandlungslösung und die Begleichung der Lösegeldforderung", sagt Stolberg, der für ein entführtes Schiff 2008 1,1 Mio. Dollar an Lösegeld zahlen musste.
Gratwanderung zwischen Moral und Mensch
Auf das Geschäft mit der Angst sind inzwischen auch die Vereinten Nationen aufmerksam geworden. Sie wollen die Lösegeldzahlungen verbieten, um den Piraten die finanzielle Basis zu entziehen. "Wer Lösegeldzahlungen verbietet, muss dann auch die Verantwortung für das übernehmen, was an Bord bei ausbleibender Zahlung passiert", kommentiert dies der Bremer Frächter.
Auf das tägliche Geschäft hat die Piraterie hingegen nur wenig Auswirkungen. "Wir haben infolge des Piratenproblems keine Auftragsrückgänge zu verzeichnen und auch die Transportkosten sind von der Lage am Golf von Aden unberührt", so Stolberg. Dafür sind für den Reeder aber die Versicherungsprämien für Fahrten entlang der Ostküste Afrikas explodiert: "Von Fall zu Fall sind Aufschläge zwischen zehn und 50 Prozent zu verzeichnen."
In welcher Dimension die Versicherer und andere Beteiligte an der Piraterie verdienen, fasst Anja Shortland so zusammen: "Abgesehen von den Militäreinsätzen fließen von den Kosten, die die Piraterie verursacht, nur 20 Prozent nach Somalia. Der Rest bleibt in unserem Wirtschaftskreislauf."
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