pte20091202018 in Business

Größenwahn: Europas Banken blähen sich auf

Institute legen Grundstein für neue Systemkrise


Europas Banken wachsen trotz Krise kräftig (Foto: pixelio.de, SarahC.)
Europas Banken wachsen trotz Krise kräftig (Foto: pixelio.de, SarahC.)

Frankfurt/London/Paris (pte018/02.12.2009/11:55) Trotz Finanz- und Wirtschaftskrise schwellen Europas Banken weiter an. Aus dem Subprime- und Börsendebakel der vergangenen zweieinhalb Jahre gehen sie sogar noch größer hervor. Über 350 europäische Kreditinstitute sind seit 2007 gewachsen, wie Bloomberg-Daten zeigen. Mit ihnen ist auch das Risiko neuerlicher Ausfälle für die europäische Wirtschaft gestiegen. Besonders kleine Nationalstaaten seien nach dem ersten Schock jedoch kaum in der Lage, eine zweite Krise des Finanzsystems zu stemmen.

Banken zurechtgestutzt

"Die Frage ist, warum welche Banken gewachsen sind", meint Hans-Peter Burghof, Lehrstuhlinhaber für Bankwirtschaft und Finanzdienstleistung an der Universität Hohenheim http://www.uni-hohenheim.de , im Gespräch mit pressetext. Hierzulande seien beispielsweise vorwiegend kleine Institute gewachsen. Pauschal sei bei ihnen mit keiner neuen Krise zu rechnen. "Europaweit wurden einige Banken zudem deutlich zurechtgestutzt", betont Burghof.

Ein weiterhin bestehendes Problem sind dem Experten zufolge aber finanzielle Intermediationsketten, bei denen Kapital von einer Bank zur nächsten durchgereicht wird. Bilanzen würden dadurch aufgebläht, teilweise ohne den eigentlichen Ursprung des Kapitals zu kennen.

Explodierende Bilanzen

Die Vermögenswerte europäischer Banken sind seit Anfang 2007 angesichts Finanzkrise und Rezession insgesamt um 25 Prozent angeschwollen. Demgegenüber sind die Aktivposten von US-Banken nach Bloomberg-Daten im gleichen Zeitraum "nur" um 20 Prozent gewachsen. Fünfzehn Häuser des "alten Kontinents" verfügen sogar über mehr Kapital als ihre zugehörigen Volkswirtschaften. 38 der 100 größten Institute verwalten mehr Vermögen als zu Jahresbeginn.

Europas Finanzhäuser haben ihre Bilanzen in Zeiten der sich aufblähenden Kreditblase ausgeweitet, indem sie sich billiges Geld zur Finanzierung von Darlehen, Akquisitionen und Investments liehen. So wuchsen etwa die Vermögenswerte der Royal Bank of Scotland in zehn Jahren bis 2008 um 2.914 Prozent. Das an Bankvermögen weltweit größte Institut BNP Paribas hat seine Bilanz seit 2007 um 59 Prozent auf knapp 2,3 Bio. Euro erhöht - ein Betrag, der 117 Prozent des französischen BIP entspricht. Londons Barclays legte einen Sprung um 55 Prozent auf 1,55 Bio. Euro hin - 108 Prozent des britischen BIP - gefolgt von Spaniens Santander mit plus 30 Prozent auf 1,08 Bio. Euro.

Kaum Autorität

Die europäischen Regulierungsbehörden hatten zuletzt vorsorglich mit der Forderung nach "Testamenten" reagiert, die auch Großbanken vorlegen sollten, um ihre Abwicklung im Fall eines Totalversagens zu regeln (pressetext berichtete: http://pressetext.com/news/091016015/). Tatsächlich verfüge die EU aber bei jenen Finanzkonzerne, die keine Staatshilfen erhielten, über kaum Autorität. "Wachstum kann man nicht durch Kontrolle verhindern", schließt Burghof.

(Ende)
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