Bundestrojaner - Verfassungsexperte äußert Vorbehalte
"Eine Reihe von Grundrechten" von Online-Durchsuchung betroffen
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Online-Durchsuchung sorgt weiter für Diskussionen (Foto: pixelio.de/Barian) |
Wien (pte031/09.04.2008/13:50) Die "Arbeitsgruppe Online-Durchsuchung" hat heute, Mittwoch, in Wien ihren Abschlussbericht an Justizministerin Maria Berger und Innenminister Günther Platter übergeben. Der Verfassungsrechtler und Vorsitzende der Arbeitsgruppe Bernd-Christian Funk äußert in dem Text Vorbehalte bei der Einführung der Online-Fahndung. "Aus verfassungsrechtlicher Sicht sind eine Reihe von Grundrechten betroffen, die der Einführung einer Online-Durchsuchung Schranken setzen und staatliche Gewährleistungspflichten mobilisieren", heißt es in dem Bericht. Es bedürfe vor allem spezieller gesetzlicher Ermächtigungen, die nach geltendem Recht im Wesentlichen fehlten würden, so der Experte. Weiters sei es notwendig, dass flankierende Instrumente für Rechtsschutz und Kontrolle bei der Online-Durchsuchung ausgeweitet sowie neu geschaffen werden.
Der nun vorliegende Bericht ist laut Platter eine sehr gute Grundlage für die weitere Arbeit. Der Innenminister will jedenfalls am Fahrplan zur Einführung des Bundestrojaners festhalten und das Gesetz noch vor dem Sommer beschließen. Die österreichische Regierung hatte sich auf den Einsatz des Bundestrojaners bereits im Herbst 2007 geeinigt. So dürfen private Computer verdächtiger Personen ab kommendem Herbst online durchsucht werden. Die Anwendung ist an Bedingungen geknüpft. Beispielsweise darf der Einsatz nur bei Verdacht auf ein schweres bzw. terroristisches Verbrechen erfolgen. Dabei handelt es sich um Vergehen, die mit mindestens zehn Jahren Freiheitsstrafe bedroht sind (pressetext berichtete: http://pte.at/pte.mc?pte=071017023 ).
In dem Bericht werden auch technische Aspekte der Online-Durchsuchung behandelt. Auf dem Rechner der Zielperson kann die "Remote Forensic Software" (RFS), wie der Trojaner im Bericht bezeichnet wird, entweder durch physische oder durch eine Remote-Installation eingebracht werden. Beide Arten setzen in jedem Fall eine detaillierte Analyse des Kommunikationsverhaltens der Zielperson voraus, wird im Bericht festgehalten. Des Weiteren sei von den Behörden sicherzustellen, dass die Integrität der Daten, die Authentizität der Kommunikationspartner und die Verfügbarkeit der Kommunikationswege jederzeit sichergestellt sind. Zudem muss gesichert sein, dass die Ergebnisse in keiner Weise von Fremden genutzt werden können und eine Nachahmung der eingesetzten Methoden verhindert wird.
Die Online-Durchsuchung sorgt nicht nur in Österreich sondern europaweit für Diskussionsstoff. In Deutschland hat das Bundesverfassungsgericht beispielsweise kürzlich den Einsatz des Bundestrojaners in Nordrhein-Westfalen gestoppt. Das Gesetz verstoße gegen das Grundgesetz, urteilten die Richter in Karlsruhe (pressetext berichtete: http://pte.at/pte.mc?pte=080227017 ). "EU-weit gibt es keine vergleichbare Untersuchung", stellte Berger fest. "Ich bin überzeugt, dass der Bericht auch europaweit Eindruck machen wird." Der Bericht beleuchtet neben Österreich auch die rechtlichen Situationen in verschiedenen anderen europäischen Ländern.
Berger betonte unisono mit Funk, dass die Online-Durchsuchung ausschließlich der strafrechtlichen Ermittlungen dienen soll. Der Bundestrojaner dürfe somit nicht für sicherheitspolizeiliche Zwecke oder zur Gefahrenabwehr, sondern ausschließlich bei der Strafverfolgung zur Anwendung kommen. Im Justizministerium geht man davon aus, dass die Häufigkeit der Anwendung der Online-Durchsuchung etwa mit der Anwendung des Lauschangriffs zu vergleichen ist. Dieser kommt offiziell etwa ein bis zwei Mal im Jahr zum Einsatz.
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