pts20060426011 Unternehmen/Wirtschaft, Handel/Dienstleistungen

Die "globalen Fußabdrücke" von Österreichs Industrie

Roland Berger analysiert Auslandsverlagerungen und int. Standortoptimierung


Wien (pts011/26.04.2006/09:30) Österreichs international sehr gut positionierte Industrie wird in den nächsten fünf Jahren weiter Wertschöpfung ins Ausland verlagern. Dabei kommt dem richtigen Standort-Mix eine immer bedeutendere Rolle zu. Roland Berger Strategy Consultants hat in einer neuen Studie "Global Footprint Design - die Spielregeln der internationalen Wertschöpfung beherrschen" Erfolgsfaktoren für Aufbau und Management eines erfolgreichen Standortportfolios untersucht. Die Ergebnisse wurden am Mittwoch im Rahmen eines Business Breakfast in Wien vorgestellt.

"Unter dem 'Global Footprint' eines Unternehmens versteht man die Aufstellung der einzelnen Wertschöpfungsstufen in einem globalen Netzwerk, die einem geografischen Fußabdruck gleicht", erklärt Roland Falb, Partner und Geschäftsführer des Wiener Büros von Roland Berger. Um den richtigen "Global Footprint" für ein Produktionsunternehmen zu ermitteln, sind in einem ersten Schritt jene Teile der Wertschöpfungskette zu definieren, die zu den Kernkompetenzen des Unternehmens zählen. Danach werden unter Berücksichtigung von Qualität, Kosten und Verfügbarkeit die optimalen Standorte für diese Wertschöpfungsstufen in einem weltweiten Unternehmensnetzwerk ermittelt. Der Prozess wird als Global Footprint Design bezeichnet.

Auslandsmärkte immer wichtiger
Die Mehrheit der befragten österreichischen Industrieunternehmen ist international bereits sehr breit aufgestellt. Nur mehr ein Viertel unterhält Produktionsstandorte ausschließlich in Österreich. Über 30 Prozent haben Fertigungsstandorte in Osteuropa, rund 50 Prozent in Nord- und Südamerika und ca. 40 Prozent Asien. Und die Auslandsverlagerungen nehmen immer mehr zu: 89 Prozent der befragten Unternehmen planen, in den nächsten fünf Jahren Wertschöpfung aus Österreich abzuziehen. Zum Vergleich: In den vergangenen zehn Jahren waren es 75 Prozent.

Zudem verliert Österreich als Absatzmarkt für Industriegüter aus Sicht der Befragten an Bedeutung. Seit dem Jahr 2000 sind die Aufträge aus dem Ausland bei österreichischen Unternehmen um durchschnittlich 22 Prozent gestiegen, die Inlandsaufträge wuchsen hingegen nur um 12 Prozent. Viele Unternehmen - vor allem Zulieferer - folgen daher ihren Kunden in neue Märkte, um am dortigen Wachstum zu partizipieren.

Leistungsfähigkeit im Ausland steigt rasch
Auch in puncto Qualität und Service holen die neuen Märkte immer mehr auf. Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen findet die Fertigungsqualität an den ausländischen Standorten inzwischen gleich gut oder sogar besser als in Österreich. Knapp ein Drittel sieht zusätzlich keine Verschlechterung bei den Lieferzeiten. Nahezu alle Befragten nannten deut-liche Lohn- und Materialkostenvorteile. Auf Grund der gesteigerten Leistungsfähigkeit verlagern bereits zwölf Prozent der österreichischen Industriebetriebe auch die Produktion technologisch anspruchsvoller Teile bzw. die damit verbundenen Engineering-Tätigkeiten - Tendenz weiter steigend. "Insgesamt sind die Erfahrungen mit Auslandsverlagerungen sehr positiv. Von den befragten Unternehmen haben drei Viertel bereits Produktionsstandorte verlagert und fast alle Projekte haben ihre Ziele erreicht oder übertroffen", so Falb.

Standort Österreich unter Druck
Lediglich bei der Produktivität hat Österreich nach wie vor die Nase vorn, so 60 Prozent der befragten Unternehmen. Auch Forschung und Entwicklung (F&E) wird als Kernkompetenz im Heimatland gehalten. Hinsichtlich der Attraktivitätssteigerung des Standortes Österreich fordern die Manager jedoch eine Senkung der Lohnnebenkosten, Arbeitszeit-Flexibilisierung, Förderungen für F&E, Bürokratieabbau und die Senkung der Energiekosten. "In Österreich gibt es einige Felder mit großem Handlungsbedarf. Hier müssen rasch Änderungen herbeigeführt werden, damit das Land im internationalen Wettbewerb nicht den Anschluss verliert", meint der Berater.

Mit der Globalisierung umgehen lernen
Aus der Studie kristallisieren sich vier "Umgangsformen" österreichischer Unternehmen mit den Herausforderungen heraus, welche die Optimierung des Standortportfolios stellt: Es gibt die "Standort-Österreich-Wertschöpfer" (20 Prozent der befragten Unternehmen), die ihren Fokus auf die Stärken ihrer österreichischen Entwicklungs- und Fertigungsstandorte legen und aus heimischen Werken westeuropäische und ausgewählte globale Kunden bedienen. Die "regionalen Kostensenker" (33 Prozent) hingegen verlagern lohnkostenintensive Fertigungs- und Montageschritte in Niedriglohnländer Osteuropas oder Ostasiens. Auf internationale Fertigungs- und Vertriebsstandorte, von wo aus sie die wichtigsten Weltmärkte erschließen, legen "globale Markterschließer" (20 Prozent) viel Wert. Als "Globale Footprint Champions" (27 Prozent) gelten ausschließlich jene, die für jede Unternehmensfunktion den optimalen Standort wählen und Ressourcen effizient in einem globalen Netzwerk bündeln.

Produktionsaufbau im Ausland dauert zu lange
Dass nicht alle österreichischen Unternehmen zu den Global Footprint Champions zählen, hängt vor allem damit zusammen, dass der Aufbau eines Fertigungsstandorts im Ausland durchschnittlich zweieinhalb bis drei Jahre in Anspruch nimmt. Als wichtigste Regeln zur Verkürzung dieser Anlaufzeit fasst Falb zusammen: "Wichtig ist die Steuerung und Unterstützung des Topmanagements und die Nutzung vorhandener Ressourcen im Unternehmen - wie Business Development, Fertigung, Einkauf etc. Auch lokale Partner müssen herangezogen werden, die unter Umständen eine Minderheitsbeteiligung an der Investition erhalten. Die Übernahme bestehender Fertigungs- und Servicestandorte bringt ebenfalls wesentliche Vorteile mit sich", so Falb. Essenziell ist auch der intensive Kontakt zu Politik und Unternehmen vor Ort. Diese ermöglichen die Überwindung bzw. Umgehung bürokratischer Hürden.

Roland Berger Strategy Consultants, 1967 gegründet, zählt zu den weltweit führenden Strategieberatungen. Mit 32 Büros in 23 Ländern ist das Unternehmen erfolgreich auf dem Weltmarkt aktiv. Über 1.600 Mitarbeiter haben im Jahr 2004 einen Honorarumsatz von rund 530 Millionen Euro erwirtschaftet. Die Strategieberatung ist eine unabhängige Partnerschaft im ausschließlichen Eigentum von mehr als 130 Partnern.

Weitere Informationen:
Roland Berger Strategy Consultants
Dr. Roland Falb
Freyung 3/2/10
1010 Wien
Tel. +43-1-536 02-201
E-Mail: roland_falb@at.rolandberger.com

(Ende)
Aussender: Temmel, Seywald & Partner Communications
Ansprechpartner: Mag. Franz Ramerstorfer
Tel.: +43-1-402 48 51-173
E-Mail: ramerstorfer@tsp.at
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