pts20050317021 in Leben

Pharmig: "Immer mehr Patienten fallen durch alle Netze"

Fast 40 % der Patienten bleiben nach Ablehnung durch den Chefarzt unbehandelt


Wien (pts021/17.03.2005/11:21) "Es gibt offenbar eine neue Kategorie von Patienten, die durch alle Netze fallen", erklärt Jan Oliver Huber, Generalsekretär der Pharmig, des Verbands der pharmazeutischen Industrie Österreichs. "Auch beim Hauptverband weiß man das, da dieses Phänomen durch eine eigene Studie belegt ist. Aber offenbar ist das dort allen egal", lautet Hubers nüchterner Schluss.

Im März und April 2004 hat der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger in der hausinternen Stabstelle "Evidence Based Medicine" eine Studie über die Auswirkungen von Ablehnungen durch den Chefarzt durchgeführt und die Ergebnisse später in der eigenen Zeitung veröffentlicht (Quelle: "Soziale Sicherheit" vom Dezember 2004). Untersuchungsgegenstand waren exakt 2.911 chefärztliche Ablehnungen, das verblüffende Resultat: 52,22 Prozent der Patienten haben trotz einer ersten Ablehnung durch den Chefarzt das beantragte Medikament dann doch bekommen. "Das heißt, dass in mehr als der Hälfte aller Fälle die Ablehnung schlichtweg falsch war", kritisiert Pharmig-Generalsekretär Huber. "Eine Fehlerquote, die sich kein privatwirtschaftlich geführtes Unternehmen leisten könnte, die wir aber im Hauptverband der Sozialversicherungsträger offenbar widerspruchslos akzeptieren."

Doch das bemerkenswerteste Ergebnis der Hauptverbands-Studie: 38,20 Prozent der Patienten haben nach der Ablehnung durch den Chefarzt das beantragte Medikament nicht bekommen und es war auch keine Ersatztherapie mit einem anderen Medikament feststellbar. "Das ist jene Kategorie von Patienten, um die sich offenbar heute niemand mehr kümmert", argumentiert Huber. "Denn es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder die Patienten bezahlen sich ihre Behandlung selbst, was sich aber nur wenige leisten können. Oder diese Patienten bleiben einfach unbehandelt, was eine Gefahr für die Gesundheit und höhere Folgekosten nach sich zieht. Und wenn man nicht unterstellt, dass alle diese Patienten zuvor Hypochonder waren und die Ärzte aus Jux und Tollerei chefarztpflichtige Medikamente verschreiben, ist das ein alarmierender Befund und muss den Gesundheitspolitikern zu denken geben."

Übrigens: Nur 9,58 Prozent der Patienten sind nach der Ablehnung durch den Chefarzt auf ein billigeres Medikament in einer vergleichbaren Indikation umgestellt worden. Jan Oliver Huber: "Damit ist klar bewiesen, dass der angebliche Zweck der Chefarztpflicht kaum erfüllt wird und die Chefarztpflicht sowohl ökonomisch, als auch medizinisch ein Unsinn ist." In Richtung von Hauptverbands-Geschäftsführer Josef Probst argumentiert der Pharmig-Generalsekretär: "Zu behaupten, die Chefarztpflicht sei eine medizinische Zweitmeinung, obwohl die Chefärzte die Patienten überhaupt nicht zu Gesicht bekommen, ist an Absurdität nicht mehr zu überbieten. Offenbar versucht man hier, uns alle für dumm zu verkaufen."

(Ende)
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