Klare Mehrheit der Österreicher gegen die Chefarztpflicht
2/3 der Ärzte und 3/4 der Patienten wollen Chefarztpflicht ersatzlos abschaffen
Wien (pts032/03.02.2005/11:40) Die Botschaft ist eindeutig: Laut einer jüngsten Umfrage des Linzer market-Instituts im Auftrag der Pharmig lehnt die Mehrheit der Österreicher die Chefarztpflicht kategorisch ab. Zwei Drittel der Ärzte wollen die Chefarztpflicht abgeschafft wissen, nur ein Drittel ist für die chefärztliche Kontrolle. Bei den österreichischen Patienten ist das Votum noch klarer: 40 Prozent unterstützen auf jeden Fall die Forderung, die Chefarztpflicht ersatzlos abzuschaffen, 36 Prozent sind eher dafür. Nur 14 Prozent sind eher dagegen und magere 9 Prozent wollen die Chefarztpflicht beibehalten. Wenig überraschend fällt auch das Urteil der Ärzte zur Chefarztpflicht neu aus: 54 Prozent der befragten Ärzte sehen die neue Regelung sehr negativ, 28 Prozent eher negativ.
Ein besonders alarmierendes Ergebnis der Umfrage, die in Österreich zwischen 18. und 21. Jänner unter 200 Ärzten und 200 Patienten durchgeführt wurde: Der Aussage "Alle Patienten bekommen die für sie notwendigen Medikamente, auch wenn sie teurer sind" stimmen nur 10 Prozent der Ärzte voll und ganz zu, 34 Prozent stimmen auch noch zu. Jeweils 24 Prozent glauben aber weniger bzw. gar nicht, dass das zutrifft. "Ein erschreckendes Zeugnis für die österreichische Gesundheitspolitik", interpretiert market-Geschäftsführer Werner Beutelmeyer das Ergebnis. "Wenn fast die Hälfte der Ärzte nicht glaubt, dass die österreichischen Patienten die für sie notwendigen, teureren Medikamente bekommen, muss das den Gesundheitspolitikern zu denken geben. Denn die Ärzte sind die Experten, sie müssen es schließlich wissen." Auch die Patienten beurteilen die Auswirkungen der Chefarztpflicht neu mehrheitlich negativ: Die Aussage "Die Ärzte sind nun generell zurückhaltender bei der Verschreibung chefarztpflichtiger Medikamente" halten 17 Prozent der Befragten für voll und ganz zutreffend, 31 Prozent für eher zutreffend. 34 stimmen weniger, 6 Prozent gar nicht zu. "Die Patienten sind mehr und mehr davon überzeugt, dass allein der Preis eines Medikaments für ihre Behandlung ausschlaggebend ist - aber das Billigste ist nun einmal nicht immer das Beste", analysiert Studienleiter Beutelmeyer. "Ein Indiz dafür, dass das Vertrauen der Patienten in die Qualität des Gesundheitssystems abnimmt."
Pharmig-Generalsekretär Jan Oliver Huber sieht die Umfrage als Bestätigung für die langjährige Forderung der Pharmig, die Chefarztpflicht in Bezug auf die Medikamentenverordnung ersatzlos zu streichen: "Die Österreicher haben richtig erkannt, dass die Chefarztpflicht in der derzeitigen Form keinen Sinn macht. Denn dass die Chefarztpflicht notwendig sei, um die Medikamentenkosten einzubremsen, ist nachweislich falsch, da schon bisher 95 Prozent aller chefarztpflichtigen Arzneimittel von den Kassen erstattet worden sind. Für jeden, der rechnen kann, ist somit klar: Die Kosten für die Chefarzt-Bürokratie sind viel höher als das angebliche Einsparpotenzial von fünf Prozent bei den chefarztpflichtigen Medikamenten."
Heftige Kritik übt der Pharmig-Chef auch am neuen Erstattungskodex: Bei der Einteilung in das neue Boxensystem sind rund 2.500 bisher erstattungsfähige Medikamente in der sogenannten No-Box gelandet. Laut jüngster ASVG-Novelle heißt das, dass diese Medikamente "bei zwingend therapeutischen Gründen", also in Ausnahmefällen verschrieben und auch erstattet werden können. Laut Huber sieht die Praxis jedoch anders aus: "Einzelne Krankenkassen weigern sich, No-Box-Präparate zu erstatten, weshalb sie die Ärzte auch nicht mehr verschreiben. Für die Patienten bedeutet das eine wesentlich schlechtere medizinische Versorgung und eine Gefahr für die Gesundheit. Die Patienten bekommen No-Box-Präparate nur mehr, wenn sie sie selbst bezahlen - aber das können sich viele nicht leisten."
Als Beispiel nennt Huber die spezifische Immuntherapie für Allergiker. Bisher sind diese Medikamente für jene 50.000 Österreicher, die beispielsweise unter Pollen-, Hausstaubmilben oder Insektengift-Allergie leiden, vom Facharzt verordnet und anschließend anstandslos vom Chefarzt bewilligt worden. Seitdem jedoch diese Präparate ohne Ausnahme in der No-Box gelandet sind, bekommen Allergiepatienten in manchen Bundesländern ihre Medikamente gar nicht mehr, in anderen nur nach einer umständlichen Genehmigungsprozedur und langen Wartefristen. Pharmig-Chef Huber beschreibt die Folgen: "Viele Patienten brechen ihre Therapie ab, weil sie sie nicht selbst bezahlen können oder wollen. Das kann jedoch bei Patienten mit Asthma oder einer Insektengift-Allergie lebensgefährlich sein! Es kommt aber auch dem Gesundheitssystem viel teurer als eine Fortsetzung der Therapie, da bei einem Therapieabbruch die Folgekosten ungleich höher sind als die Medikamentenkosten." Hubers Kritik: "Der Hauptverband hat den neuen Erstattungskodex dazu missbraucht, um viele Medikamente still und heimlich zu entsorgen. Und zwar nicht aus medizinischen, sondern rein aus ökonomischen Gründen. Das ist den Patienten gegenüber einfach verantwortungslos, wir können und dürfen uns damit nicht abfinden."
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