pts20030711001 in Leben

Sportverletzungen richtig kurieren

Aktuelle Leistungsdiagnostik als Grundlage, Kontrolle und Motivation


Zürich (pts001/11.07.2003/07:00) Am Workshop vom 26. Juni 2003 im Swiss Olympic Medical Center (SOMC) der Schulthess Klinik diskutierten Sportmediziner aus verschiedenen Fachbereichen neuste Forschungsergebnisse und Therapiemethoden. Dabei zeigte sich, dass mit den aktuellen Behandlungsmethoden bei Sportverletzungen oft sehr gute Ergebnisse erreicht werden können. Wichtig ist, dass Sportler ihren Bedürfnissen entsprechend ein optimal angepasstes Behandlungs- und Rehabilitationsprogramm erhalten und insbesondere nicht zu früh wieder ins normale Training entlassen werden.

Sportmedizin und Sportrehabilitation gehen heute Hand in Hand. Behandlungverlauf und -erfolg nach Verletzungen durch Unfall oder Überlastung hängen direkt von einem genau geplanten Programm ab. Für Sportler, gleich ob ambitionierter Hobby- oder Profisportler, ist nach einer Verletzung eine möglichst rasche Rückkehr zum normalen Training zentral. Aus sportmedizinischer Sicht muss der richtige Zeitpunkt aber vor allem durch den dokumentierten Erfolg der Rehabilitation bestimmt sein.

Als Dokumentation und Motivation für Patienten, Athleten, Mediziner und nicht zuletzt die Kostenträger (wie z.B. die SUVA) werden heute neben den üblichen diagnostischen Untersuchungen speziell standardisierte Leistungstests durchgeführt. Diese Tests wurden durch Swiss Olympic in Magglingen erarbeitet und werden von allen SOMC als Referenzwerte eingesetzt. Da Testdurchführung und Interpretation normiert sind, kann die individuelle Leistungsfähigkeit der Patienten standardisiert und vergleichbar abgebildet werden

Die erfassten Daten helfen so bei der Diagnostik, beim Einstellen des Trainings und sind heute als Instrumente der Trainings- und Rehabilitationssteuerung sowie als Erfolgskontrolle unerlässlich.

Aktuelle Leistungsdiagnostik: Anwendung in der Praxis
In der Praxis werde vier verschiedene Leistungstests durchgeführt: Laktatstufentest auf dem Laufband oder Velo zum Bestimmen der Ausdauer, Sprung (Jump) Tests zum Messen der allgemeinen Kraft der unteren Extremität, Isokinetik auf der Con-Trex Maschine (z.B. nach Meniskus- oder Kreuzband-Verletzung) und Rumpfkrafttests zum Messen der Kraft der ventralen, dorsalen und lateralen Muskelkette.
Gehirnerschütterungen in Kontaktsportarten häufig
Eine häufige Verletzung insbesondere in Kontaktsportarten wie Fussball und Eishockey sind Gehirnerschütterungen. Prof. J. Dvorak, Vorsitzender des FIFA Medical Assessment and Research Centers (F-MARC) und Chefarzt Neurologie der Schulthess Klinik, berichtete über Gehirnerschütterungen bei den FIFA Wettbewerben, aber auch über andere Verletzungen im Fussball. Die SUVA rechnete die entstehenden jährlichen Kosten welche allgemein auf das Konto der Fussballverletzungen gehen auf rund 100 Millionen Franken hoch.

Auch darum werden von offizieller Seite her die Anstrengungen zum Vermeiden dieser Verletzungen intensiviert und vertiefende Forschungsprojekte angeregt. So konnten von der "Concussion in Sport Group" aus Experten der FIFA, dem Internationalen Eishockey Verband (IIHF) und dem Olympischen Komitee (IOC) eine gemeinsame Definition gefasst und gezielte Forschung geplant werden. Als "Gehirnerschütterungen" (Englisch concussion) werden das Gehirn betreffende Prozesse nach direkter oder indirekte Krafteinwirkungen bezeichnet. Sie können zu strukturellen Veränderungen der Gehirnsubstanz führen und zeigen in bildgebenden Untersuchungen wie Magnet Resonanz Imaging (MRI) meistens keine speziellen Symptome.

Auswirkung und Symptome von Gehirnerschütterungen
Bei Sportverletzungen entstehen durch die Biomechanik begründet am ehesten Schäden der vorderen Hirnanteile. Es sind in der Regel leichte Schädelhirn-Verletzungen zu erwarten (ohne neurologische und neuroradiologische Befunde). Die Schädigungen und das Ausmass der Funktions-
störung stehen dabei in einem gewissen Zusammenhang mit der Trauma-Schwere. Schwere Schädigungen des Gehirns treten laut Prof. B. Radanov, Leiter des Schmerzzentrums der Schulthess Klinik, dabei vor allem bei lang anhaltenden Bewusstseinsstörungen auf.

Die üblichen Symptome einer Gehirnerschütterung sind in erster Linie kognitiver Art: die Betroffenen sind verwirrt und haben z.B. Mühe über den aktuellen Spielstand Auskunft zu geben oder zeigen Anzeichen eines Gedächtnisverlusts. Zusätzliche Symptome können z.B. Kopfschmerzen, Schwindel oder doppelte Sicht sein. Aufgrund dieser Erkenntnis wurden erste Tests entwickelt, welche durch befragen eine Entscheidhilfe über den Spielfähigkeit geben sollten. Es zeigte sich aber, dass Spieler auch mit ernsthaften Gehirnerschütterungen trotz Gesundheitsgefährdung nicht aus dem Spiel genommen werden wollten und darum die Symptome nicht richtig angaben. Es besteht also ein Bedarf nach nicht täuschbaren Tests, welche zuverlässige Resultate liefern.

Da wiederholte Gehirnerschütterungen zu kumulativen Schädigungen führen können, sollten diese durch strengere Ahndung bei Fouls und durch ein "aus dem Spiel nehmen" verletzter Spieler möglichst vermieden werden.

Overuse Verletzungen als weitere Hauptkategorie
Eine weitere häufige Kategorie von Sportverletzungen sind Overuse Verletzungen durch repetitive Überlastungen oder Traumata, welche die Kapazitätstoleranz der individuellen Gewebe übersteigen. Die betroffenen Strukturen und entsprechenden Verletzungsarten sind Stressfrakturen bei Knochen, Tendinitis und Tendinosis bei Sehnen und "Muskelkater" bei der Muskulatur.

In den USA sind 30 bis 50% aller Sportverletzungen Überlastungsverletzungen der Sehnen, welche vor allem bei repetitiven Belastungen und einer zu kurzen Zeit zwischen Belastung und Erholung der Sehne auftreten.

Stressfrakturen von Knochen machen rund 10% aller Overuse Verletzungen aus. Die hauptsächlich betroffenen Knochen sind Schienbein (Tibia), Oberschenkelknochen (Femur), Wadenbein (Fibula), Mittelfussknochen (Metatarsale), Sesambeine und Rippen. Knochen passen sich verändernden Belastungen durch Abbau und Neuanbau an. Eine Dysbalance dieser beiden Prozesse kann zu einem Ungleichgewicht führen und so zu einer Stressfraktur auslösen.

Die Diagnose von Overuse Verletzungen erfolgt neben klinischen Methoden (Tasten, Erfassen von Beweglichkeitsdefiziten oder -Auffälligkeiten, Druckschmerzen) bevorzugt mit Hilfe von MRI und Drei-Phasen Skelettszintigraphie.
Ein MRI ermöglicht das Erkennen von degenerativen Veränderungen in den Sehnen. Die Drei-Phasen Skelettszintigraphie gibt mit Hilfe eines vorher injizierten radioaktiven Moleküls Aufschluss über akute und subaktue Entzündungsreaktionen und die metabolische Aktivität des Knochenstoffwechsels. Es können also sämtliche Um- und Abbauprozesse abgebildet und Stressfrakturen schon im Frühstadium erkannt werden.

Fallbeispiel und Behandlungsablauf
Am Beispiel einer 18- jährigen Nationalliga A Volleyballerin zeigten Dr. K. Warnke, Leiterin des Swiss Olympic Medical Centers der Schulthess Klinik, und M. Phieler, Leiter der Sportrehabilitation Schulthess Training, den Ablauf einer sportmedizinischen Untersuchung einer Profisportlerin. Die Sportlerin war über längere Zeit einer Doppelbelastung ausgesetzt, da sie neben den regulären Meister-schaftsspielen auch in den Juniorinnenmeisterschaften aktiv war. Ab Herbst 2002 traten vermehrt Knie-schmerzen auf.

Ärztliche Untersuchung sowie physiotherapeutische und leistungsdiagnostische Befunde (u.a. auf dem Biodex Stability System) zeigten Entzündungen im Knie und ein ausgeprägtes Kraftdefizit zwischen linkem und rechtem Knie. Mit diesen Grundlagen wurden Therapieverlauf und Planung der Regenerations- und Belastungsphasen in drei Phasen aufgebaut.

Behandlung in 3 Phasen

Phase I
- Schmerzreduktion (u.a. durch Akupunktur)
- unterstützen der Heilung
- Koordinative Vorbereitung durch ein funktionelles, individuelles, leistungsdiagnostisch gesteuertes Aufbautraining

Phase II
- Beinachsentraining
- Kräftigung und Belastungsgewöhnung

Phase III
- Belastungsfähigkeit erhöhen
- Funktionsanalyse Sprung und Verteidigung
- Betreuter Wiedereinstieg in das Volleyballtraining durch ein angepasstes Funktionstraining

Nach vier Monaten zeigten abschliessende Leistungstests und eine MRI-Untersuchung eine gute Rehabilitation und die Sportlerin konnte wieder in den normalen Trainingsalltag entlassen werden.

Weitere Information für Medienschaffende:
Schulthess Klinik
Prof. Jiri Dvorak, dvorak@schulthess-clinic.ch
Dr. Kerstin Warnke, warnke@schulthess-clinic.ch
Lengghalde 2
CH-8008 Zürich
Tel. +41 1 385 71 71
http://www.schulthessklinik.ch

(Ende)
Aussender: Schulthess Klinik Zürich
Ansprechpartner: Prof. Jiri Dvorak
Tel.: +41 1 385 71 71
E-Mail: dvorak@schulthess-clinic.ch
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