Miniscanner soll Warteschlangen ein Ende machen
Kunden rechnen mit "Scanny" selbst ab - Kritik von Datenschützern und Gewerkschaft
Hamburg (pte) (pte005/14.01.2000/08:00) Mit einer Innovation namens "Scanny" sollen Warteschlangen an der Supermarktkassa bald der Vergangenheit angehören. Das Gerät, das Strichcodes auf Verpackungen lesen kann, funktioniert wie eine moderne Scannerkassa, mit dem Unterschied, dass der Kunde es selbst direkt beim Regal an das gewünschte Produkt hält. Jedes Produkt und jeder Preis wird so registriert, später an der Kasse wird die Gesamtsumme ausgedruckt. Selbst wer mit einem vollen Einkaufswagen vorfährt, braucht deshalb für das Bezahlen nur wenige Sekunden.
Scanny wird derzeit bei der deutschen Karstadt-Kette http://www.karstadt.de in Berlin, Frankfurt und Lübeck getestet. "Wenn Scanny sich bewährt, werden wir es vom Sommer an bundesweit in unseren Filialen einführen", sagt eine Konzernsprecherin. Das Ziel: Jeder fünfte Kunde soll mit der Maschine einkaufen. Reiner Schierholz, Leiter der Berliner Test-Filiale, gibt sich schon jetzt begeistert: "Bei uns benutzen nach einem Monat bereits rund 2600 Kunden Scanny." 96 der künstlichen Kassierer stehen in der Lebensmittelabteilung bereit.
Das Prinzip: Der Kunde nimmt das Gerät von einer Aufladestation und befestigt es am Einkaufswagen. Jeder Artikel wird beim Einpacken eingescannt, der Computer rechnet die Preise der einzelnen Produkte automatisch zusammen. "So kann man jederzeit sehen, wie viel man schon ausgegeben hat", so Schierholz. Nach dem Einkauf wird der Scanny an einer Ladestation abgegeben, ein Bon ausgedruckt und an einer eigenen Kasse wird bezahlt. Schierholz sieht folgenden Vorteil: "Die Waren müssen nicht mehr aufs Band gelegt werden, das spart viel Zeit. Und langes Warten an der Kasse ist damit auch vorbei." Vor allem deshalb biete sich die neue Methode für jeden Supermarkt und jedes Warenhaus an.
Christiane Zerfas von der Gewerkschaft Handel, Banken, Versicherungen (HBV) sieht das anders. Sie befürchtet, dass Konzerne wie Karstadt mit dem elektronischen Hilfsmittel nicht nur die Zeit der Kunden, sondern auch Mitarbeiter einsparen wollen: "Das ist nur ein weiterer Versuch des Einzelhandels, seine Personalkosten zu drücken", sagt Zerfas. Karstadt widerspricht solchen Vorwürfen: Am Hermannsplatz seien sogar zusätzlich drei Mitarbeiter eingestellt worden, um den Kunden das neue System zu erklären.
Kritik an Scanny kommt auch von Datenschützern. Diese stoßen sich an der kostenlosen Kundenkarte, die man benötigt, um das Gerät benützen zu können. Dass auf dieser nicht nur der Name, sondern auch die Einkäufe des Kunden gespeichert werden, ist für Karstadt von Vorteil, da mit Hilfe der so ermittelten Daten der Konzern seine Sortimente optimieren kann. Die stellvertretende Berliner Datenschutzbeauftragte, Claudia Schmidt, hält es dagegen für "problematisch, wenn Kaufprofile von Menschen entstehen, die über einen längeren Zeitraum gespeichert werden". Deshalb werde ihre Behörde das neue System demnächst ganz genau prüfen.
Weniger Sorgen müssen sich die Karstadt-Häuser offensichtlich über Kunden machen, die mit Scanny bei der Abrechnung schummeln. "Wir haben bisher niemanden bei einem Betrugsversuch erwischt", sagt Hartmut Bormann, Chef von Karstadt in Lübeck. Sicherheitshalber gebe es jedoch Stichproben, vor allem bei Kunden, die noch nicht so oft mit den Geräten eingekauft haben. In Lübeck haben inzwischen schon fast 6.000 Menschen eine Kundenkarte beantragt. Trotzdem liegt der Anteil der über Scanny erzielten Einnahmen am Gesamtumsatz nur bei zwei Prozent. Was auch Bormann erstaunt. "Vermutlich ist gerade älteren Kunden das System noch etwas suspekt." (hamburgerabendblatt)
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