pts20240227009 Bildung/Karriere, Unternehmen/Wirtschaft

Im Job-Interview schaden Kinder nur den Müttern

Im Bewerbungsprozess haben Mütter gegenüber Vätern einen eindeutigen Nachteil


Eisenstadt (pts009/27.02.2024/10:00)

Mutterschaft bringt nicht nur einen deutlichen Knick in der Karriere, auch im Bewerbungsprozess haben Mütter gegenüber Vätern einen eindeutigen Nachteil. Das zeigt ein Experiment unter 67 HR-Manager*innen, das Studentin Sarah Riedenbauer für ihre Masterarbeit an der FH Burgenland durchführte.

Geschlechtsspezifische Unterschiede in der Arbeitswelt sind omnipräsent. Eben erst wies der Equal Pay Day (heuer in Österreich am 14. Februar) auf die ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern hin. Beim Thema Elternschaft spitzt sich die Lage weiter zu. Frauen müssen sich auch 2024 noch zwischen Kind und Karriere entscheiden. Doch wie ist es beim Ein- bzw. Umstieg in einen neuen Job? Ein aktuelles Experiment unter Personalverantwortlichen, durchgeführt von einer Studentin des Masterstudiengangs Human Resource Management und Arbeitsrecht der FH Burgenland, zeigt: Im Zweifelsfall bekommt bei gleicher Ausbildung und Berufserfahrung ein zweifacher Vater eher den Job als eine zweifache Mutter.

Repräsentatives Experiment unter Personalverantwortlichen in Österreich

225 Recruiter*innen aus ganz Österreich erhielten von Sarah Riedenbauer ein E-Mail mit der Bitte, an einem Experiment für ihre Masterarbeit teilzunehmen. Der Auftrag: Die objektive Einschätzung von Bewerbungsgesprächen. Diese erhielten sie verschriftlicht – also in Form eines niedergeschriebenen Dialogs. Aus diesen Unterlagen und den ergänzenden Lebensläufen des fiktiven Bewerbers und der fiktiven Bewerberin sollten sie ihre Schlüsse ziehen. Dass es sich um ein Diversity-Thema handelte, erfuhren die Teilnehmer*innen erst im Nachhinein. "Ich habe versucht, die Aufgabenstellung so objektiv wie möglich zu gestalten", so die Absolventin. "Die fiktiven Personen bewarben sich um einen Job in der Buchhaltung, ein weder männlich noch weiblich dominiertes Arbeitsfeld."

67 Personaler*innen nahmen sich die Zeit – rund 20 Minuten – um die junge Studentin zu unterstützen. Riedenbauer erklärt: "Ich habe die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Experiment in zwei Gruppen geteilt. Die Experimentalgruppe erhielt die Bewerbungen von zwei Personen mit jeweils zwei Kindern, die Kontrollgruppe erhielt Bewerbungen von denselben Personen ohne Kinder. In beiden Gruppen erhielt der Mann eher den Job als die Frau." Für den Mann mit Kindern entschieden sich 81% der Befragten, für den Mann ohne Kinder mit 74 Prozent etwas weniger Recruiter*innen. Überraschend für die Studienautorin war die Tatsache, dass auch die weiblichen HR-Verantwortlichen sich im Zweifelsfall klar für den männlichen Bewerber entschieden. "Dieses Phänomen ließe sich definitiv auch weiter beforschen. Warum entscheiden sich auch Frauen eher für Männer im Bewerbungsprozess?"

Schlussfolgerungen aus dem Experiment

  • Trotz ähnlichem Berufs- und Ausbildungshintergrund (und gleicher familiärer Situation) fällt die Entscheidung sehr deutlich auf den männlichen Bewerber.
  • Auch in der Kontrollgruppe entscheidet sich der Großteil für den männlichen Bewerber, weshalb auch von einem allgemeinen Gender Bias ausgegangen werden kann.
  • Dem männlichen Bewerber werden eher leistungsorientierte Attribute wie etwa Entscheidungsfreudigkeit zugeschrieben, während der Bewerberin vorrangig sozio-emotionale Eigenschaften wie Loyalität zugesprochen werden.
  • Die Mutterschaft schürt Sorgen bei den Personalverantwortlichen bezüglich der Ausfallwahrscheinlichkeit.
  • Beim Vater wird die Familiensituation zwar wahrgenommen, aber weit weniger dem beruflichen Umfeld zugeordnet. Die Kinder fallen bei ihm unter "Privates".

Handlungsempfehlungen für Personalverantwortliche

Die Studienautorin Sarah Riedenbauer ist selbst in einer Unternehmensberatung mit starkem Diversity-Schwerpunkt tätig. Eine Möglichkeit, der Ungleichheit in der Arbeitswelt entgegenzuwirken sieht sie darin, Entscheidungsgremien in Unternehmen breiter aufzustellen. "Wenn HR-Abteilungen divers aufgestellt sind, gibt es die Chance, Voreingenommenheit in Entscheidungsprozessen zu entkräften. Außerdem darf man den Einfluss der "Hiring Manger" – also der Personen in den Unternehmen, die den oder die Bewerber*in schlussendlich in ihre Abteilungen aufnehmen, nicht unterschätzen." Diversität im gesamten Unternehmen wäre laut Riedenbauer der Schlüssel zu mehr Chancengerechtigkeit in der Arbeitswelt.

Studiengangsleiterin und Masterarbeitsbetreuerin Silvia Ettl-Huber von der FH Burgenland: "Besonders verstörend fand ich das Ergebnis, dass tendenziell weibliche Recruiter noch stärker zum Mann tendieren als männliche. Das war zwar ein nicht-repräsentatives Seitenergebnis, aber ich hoffe, dass eine künftige Studentin das Thema aufnimmt und vertieft."

Zur Autorin
Sarah Riedenbauer, geboren 1994, lebt und arbeitet in Wien. Die gebürtige Steirerin schlug zuerst den Weg zur Elementarpädagogin ein und arbeitete einige Jahre im Kindergarten. An der FH Kärnten absolvierte sie das Bachelorstudium zu Disability and Diversity Studies und fasste beruflich im Personalbereich Fuß. An der FH Burgenland holte sie sich im Masterstudiengang Human Resource Management und Arbeitsrecht weitere Qualifikationen und arbeitet mittlerweile als Project Managerin für die Diversity Think Tank Consulting GmbH in Wien. In ihrer Funktion plant sie aktuell einen großen Diversity-Kongress in Wien, der in diesem und im nächsten Jahr stattfinden wird. Für die Wanderausstellung "Pfad der Vielfalt" fungiert sie als Projektleitung.

Facts zum Studiengang
Masterstudium - 4 Semester; Akademischer Grad: Master of Arts in Business – MA; Organisationsform: berufsbegleitend (vor Ort in Eisenstadt: Freitag ab 14 Uhr, Samstag 9.30 bis ca. 17.15 Uhr – zwölf Mal pro Semester; zusätzlich Onlineunterricht wochentags ab 18 Uhr); Studienplätze: ca. 45; Studienort: Eisenstadt; Unterrichtssprache: Deutsch; Studiengebühren: keine; Absolvent*innen arbeiten üblicherweise in nationalen und internationalen Unternehmen, in Personalberatungsunternehmen, in öffentlichen Organisationen und Interessenvertretungen in den Bereichen: Personalmanagement, als Leiter*in von Human Resource Management-Abteilungen, Arbeits- und Sozialrechts-Expert*innen, in der Personalberatung, Personalentwicklung und –organisation, in der Führung von Teams. Es fallen keine Studiengebühren an! Eine Anmeldung ist bis 31. Mai möglich. Mehr unter: www.fh-burgenland.at

(Ende)
Aussender: FH Burgenland
Ansprechpartner: Mag. Christiane Staab
Tel.: +43 57707 3537
E-Mail: christiane.staab@fh-burgenland.at
Website: www.fh-burgenland.at
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