ptp20230728026 Politik/Recht

Hintergründe zur Sittenwidrigkeit bei einer Angehörigenbürgschaft


Rechtsanwalt Steffen Gründig (Foto: Steffen Gründig)
Rechtsanwalt Steffen Gründig (Foto: Steffen Gründig)

Dresden (ptp026/28.07.2023/13:37)

Eine Bürgschaft wird als Personalsicherheit von einem Gläubiger zur Absicherung eines Geldanspruches z.B. bei Darlehen, einem Kaufpreis oder Mietzahlungen verlangt, um bei Ausfall des eigentlichen Schuldners den Bürgen ersatzweise auf Zahlung in Anspruch nehmen zu können. Hierbei gibt es unterschiedliche Typen von Bürgschaften, wie z.B. Höchstbetragsbürgschaft, Ausfallbürgschaft oder Bürgschaft auf erstes Anfordern.

Nachstehend wird von einer einfachen Ausfallbürgschaft ausgegangen.

Leistet der Bürge auf Anforderung des Gläubigers, geht zwar mit der Zahlung die Forderung des Gläubigers kraft Gesetzes gemäß § 774 BGB auf den Bürgen über. Meistens ist der Hauptschuldner bei Inanspruchnahme des Bürgen aber nicht zahlungsfähig, so dass der Bürge seine Zahlungen nicht oder nicht zeitnahe vom Hauptschuldner zurückerhalten kann. Bei dessen Insolvenz droht auch der endgültige Verlust des gesetzlichen Regressanspruches.

Banken verlangen bei der Bereitstellung von Darlehen an einen Ehegatten häufig vom anderen Ehegatten oder Lebenspartner eine Bürgschaft oder nehmen diesen als "Mitdarlehensnehmer" in den Darlehensvertrag auf. Die Darlehenssumme wird aber nur an einen der Eheleute zu dessen Verwendung, z.B. für den Grundstückskauf oder unternehmensbezogene Finanzierungen, ausgezahlt.

Dies betrifft auch andere nahe Angehörige wie Eltern, Kinder oder Geschwister. Ebenso, wenn ein Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber eine Bürgschaft stellt.

Wegen der Ähnlichkeit zur Bürgschaft werden beide Fälle im Bankrecht im Wesentlichen gleich behandelt.

Ob eine Stellung als Mitdarlehensnehmer vorliegt, bedarf im Einzelfall einer rechtlichen Prüfung durch einen Rechtsanwalt für Bankrecht.

Kommt es zur Inanspruchnahme des Bürgen oder Mitdarlehensnehmers oder steht eine Trennung oder Ehescheidung an, sollte durch einen Anwalt geprüft werden, welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen, um die Mitverpflichtung oder Bürgschaft zu beenden.

Ein Rechtsanwalt für Bankrecht wird gegebenenfalls eine Entlassung aus der Haftung erwirken können.

Nichtigkeit bei krasser finanzieller Überforderung

Unter bestimmten Voraussetzungen kann auch eine Sittenwidrigkeit der Angehörigenbürgschaft oder Übernahme der Mithaftung in einem Darlehensvertrag vorliegen. Der Bundesgerichtshof hat hierzu einige Voraussetzungen festgelegt, unter denen eine Bank den Bürgen oder Mitdarlehensnehmer wegen krasser finanzieller Überforderung aus der Haftung entlassen muss. Hierzu gehören in der Regel Folgende:
- die Verpflichtung wird aus emotionaler Verbundenheit zum Hauptschuldner eingegangen;
- zum Zeitpunkt der Unterschriftsleistung konnten die Darlehenszinsen nicht aus dem unpfändbaren Einkommen des Bürgen oder Mitdarlehensnehmer bezahlt werden und die Bank hatte hiervon Kenntnis oder hätte dies zumindest erkennen können;
- aus eigenem Vermögen hätte das Darlehen nicht zurückgezahlt werden können;

Inwiefern diese Voraussetzungen vorliegen, erfordert eine eingehende Prüfung durch einen erfahrenen Anwalt für Bankrecht.

Kündigung einer Bürgschaft und andere Einwendungen

Eine Bürgschaft kann i.d.R. nicht regulär sondern nur aus wichtigem Grund gekündigt werden. Der Bürge wird dadurch auch nicht von seiner Haftung vollständig befreit, sondern diese begrenzt sich der Höhe nach auf die zum Kündigungszeitpunkt bestehende Forderung gegen den Hauptschuldner. Eine Kündigung kann deshalb nur von einer zukünftigen (höheren) Haftung befreien, welche z.B. bei einer Bürgschaft für einen Kontokorrent- oder Dispokredit, durch eine spätere Erhöhung der Inanspruchnahme der Kreditlinie noch eintreten könnte. Meistens ist die Wirkung einer Kündigung aus wichtigem Grund sehr begrenzt.

Je nach Inhalt der Bürgschaftsvereinbarung, kann der Bürge vom Gläubiger verlangen, dass dieser zunächst eine Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner erfolglos versuchen (Einrede der Vorausklage) oder die Befriedigung der Forderung durch Aufrechnung erlangen muss (§§ 770 Abs. 2 und 771 BGB). Wegen der gesetzlichen Regelung zum Einwand der Vorausklage verlangen viele Banken in ihren Bürgschaftsformularen den Verzicht auf diese Vorausklage, weshalb diese Bürgschaften auch als" Bürgschaft auf erstes Anfordern" bezeichnet werden. Die Unterzeichnung einer solchen Bürgschaft sollte aus anwaltlicher Sicht deshalb vermieden werden.

Dem Bürgen stehen gemäß § 768 Abs. 1 BGB auch alle Einreden des Hauptschuldners gegen den Bestand des Darlehensvertrages oder der Höhe des Saldos zur Seite.

Es kann z.B. ein Beratungsfehler oder eine unzureichende Risikoaufklärung seitens der Bank vorliegen. Seit 21.03.2017 bestehen bei Verbraucherdarlehensverträgen Einwendungen auch bei ungenügender Kreditwürdigkeitsprüfung des Hauptschuldners durch die Bank.

Soweit der Bürge ein Verbraucher ist, steht ihm u.U. auch ein Recht auf Widerruf zu, falls eine Widerrufsbelehrung nicht oder falsch erteilt worden ist.

Die Rechtsfolgen derartiger Ansprüche sind hingegen unterschiedlich. Sie reichen von der Zinsreduzierung bis zum Verlust des Zahlungsanspruches der Bank. Zur richtigen Beurteilung der Einwendungen und Folgen ist deshalb eine eingehende rechtliche Überprüfung und Feststellung des richtigen Sachverhaltes erforderlich.

Der Unterzeichner als Rechtsanwalt für Bankrecht und das Team der Anwaltskanzlei stehen mit mehr als 25 Jahren Berufserfahrung gern zur Verfügung, um mögliche Einwendungen gegen den Bestand einer Bürgschaftsforderung festzustellen oder die Entlassung aus der Mitverpflichtung für ein Darlehen eines Angehörigen zu erreichen.

(Ende)
Aussender: Anwaltskanzlei Gründig
Ansprechpartner: Steffen Gründig
Tel.: +49 351 56 34 06 80
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