pte20220712002 in Leben

Herz aus dem Reagenzglas rückt näher

Harvard-Forscher kreieren neue 3D-Druck-Variante, die feinste Strukturen schafft


Ventrikel aus dem Reagenzglas (Foto: seas.harvard.edu)
Ventrikel aus dem Reagenzglas (Foto: seas.harvard.edu)

Cambridge (pte002/12.07.2022/06:05)

Jährlich sterben weltweit fast neun Mio. Menschen an einer Herzkrankheit. Viele könnten mit einem Ersatzorgan viel länger leben, doch die Zahl der Spender ist bei weitem zu gering. Die Lösung findet sich im Tissue Engineering, der Zucht von Organen im Reagenzglas. Bioingenieuren der Harvard John A. Paulson School of Engineering and Applied Sciences http://seas.harvard.edu (SEAS) in Cambridge, Massachusetts, ist jetzt ein großer Schritt zur Realisierung eines körperidentischen Herzens gelungen: Sie haben das erste biohybride Modell eines menschlichen Ventrikels mit spiralförmig ausgerichteten schlagenden Herzzellen entwickelt und gezeigt, dass die Ausrichtung der Muskeln entscheidenden Einfluss darauf hat, wie viel Blut das Ventrikel mit jeder Kontraktion pumpt.

Perfekte Nachahmung

Die Ingenieure nutzten zur Herstellung des Ventrikels eine Spezialform der additiven Fertigung, besser bekannt als 3D-Druck, das Focused Rotary Jet Spinning (FRJS). Damit gelang es ihnen, die komplexen Strukturen des körpereigenen Bauteils perfekt nachzuahmen. "Diese Arbeit ist ein großer Schritt vorwärts für die Organbiofabrikation und bringt uns unserem ultimativen Ziel näher, ein menschliches Herz für die Transplantation aufzubauen", erläutert Kit Parker vom SEAS, der die Forschungsgruppe geleitet hat. Forscher der ETH Zürich haben bereits ein weiches Kunstherz aus Silikon hergestellt, das aus dem 3D-Drucker kommt (pressetext berichtete: http://pte.com/news/20170713018 ).

Im Gegensatz zum normalen 3D-Druck, der langsamer wird, wenn die Strukturen kleiner werden, kann FRJS Fasern jedoch schnell im Maßstab von einem Mikrometer spinnen, also 50 Mal kleiner als ein menschliches Haar. Dies sei wichtig, wenn es darum gehe, ein Herz von Grund auf neu aufzubauen, so Huibin Chang, Postdoktorand an der SEAS. "Nehmen wir zum Beispiel Kollagen, ein extrazelluläres Matrixprotein im Herzen, das ebenfalls einen Durchmesser von einem Mikrometer hat. Es würde mehr als 100 Jahre dauern, um jedes Stück Kollagen im menschlichen Herzen in 3D zu drucken. FRJS schafft es an einem einzigen Tag." Das derzeit hergestellte Ventrikel ist zwar noch zu klein, um Teil eines menschlichen Kunstherzens zu werden. Doch die Forscher sind sicher, den Herstellungsprozess bald skalieren zu können.

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