pte20221031015 Forschung/Entwicklung, Umwelt/Energie

Clevere Eichelhäher haben mehr Selbstkontrolle

Marshmallow-Test von Cambridge-Forschern weist Zusammenhang erstmals bei Vögeln nach


Eichelhäher: Selbstkontrolle ist nicht bei allen Vögeln gleich (Foto: Alex Schnell, cam.ac.uk)
Eichelhäher: Selbstkontrolle ist nicht bei allen Vögeln gleich (Foto: Alex Schnell, cam.ac.uk)

Cambridge (pte015/31.10.2022/11:30)

Eichelhäher können eine Version des Marshmallow-Tests absolvieren. Die Vögel mit der größten Selbstkontrolle schneiden auch bei Intelligenztests am höchsten ab, wie eine Studie der University of Cambridge zeigt. Sie beweist erstmals einen Zusammenhang zwischen Selbstkontrolle und Intelligenz bei Vögeln. Selbstkontrolle, die Fähigkeit einer Versuchung zu Gunsten einer besseren, aber verzögerten Belohnung zu widerstehen, ist eine entscheidende Fähigkeit für ein effektives Treffen von Entscheidungen und die künftige Planung.

Selbstkontrolle bei Vorräten

Bei Eichelhähern handelt es sich um Mitglieder der Familie der Rabenvögel, die häufig als "gefiederte Affen" bezeichnet werden, da sie nicht-menschlichen Primaten mit ihren kognitiven Fähigkeiten Konkurrenz machen. Rabenvögel verstecken oder sichern ihr Futter für später. Dafür müssen sie die unmittelbare Befriedigung aufschieben, um für künftige Mahlzeiten zu planen. Den Forschern nach könnte das die Evolution der Selbstkontrolle bei diesen Vögeln angetrieben haben.

Selbstkontrolle wurde bereits bei Menschen, Schimpansen und in einer früheren Studie dieser Forscher mit Tintenfischen in Zusammenhang gebracht. Die neuen Ergebnisse zeigen, dass ein Zusammenhang zwischen Intelligenz und Selbstkontrolle bei entfernt verwandten Tiergruppen besteht. Damit liegt nahe, dass sich diese Fähigkeit unabhängig mehrere Male ausgebildet hat. Bei den Rabenvögeln sind die Eichelhäher besonders gefährdet, dass ihre Vorräte von anderen Vögeln gestohlen werden. Die Selbstkontrolle ermöglicht es ihnen, auf den richtigen Moment für das Verstecken ihrer Vorräte zu warten, ohne dabei gesehen oder gehört zu werden.

Unterschiedliche Futtervorlieben

Um die Selbstkontrolle bei Eichelhähern, Garrulus glandarius, zu testen, haben die Forscher ein Experiment entwickelt, das vom Marshmallow-Test aus dem Jahr 1972 inspiriert ist. Dabei wurde Kindern die Wahl zwischen einem Marshmallow sofort oder zwei Süßigkeiten angeboten, wenn sie etwas warteten. Den Vögeln wurden Mehlwürmer, Brot und Käse angeboten. Mehlwürmer gehören zu den gängigen Favoriten. Brot und Käse stehen an zweiter Stelle. Die jeweiligen Vorlieben sind jedoch bei den Vögeln verschieden.

Die Eichelhäher mussten zwischen Brot oder Käse wählen, die sofort verfügbar waren, oder Mehlwürmern, die sie sehen, aber nur erreichten konnten, nachdem eine Plexiglasscheibe entfernt wurde. Es wurde eine ganze Reihe von Verzögerungszeiten getestet. Die Bandbreite reichte von fünf Sekunden bis zu 5,5 Minuten. Alle Vögel schafften es, auf den Wurm zu warten. Manche konnten jedoch viel länger warten als andere. Am besten schnitt der Vogel "JayLo" ab, der 5,5 Minuten auf den Mehlwurm wartete. Die am schlechtesten abschneidenden Vögel "Dolci" und "Homer" schafften nur maximal 20 Sekunden. Wurden den Vögeln Brot oder Käse angeboten, schauten sie weg, also wollten sie so der Versuchung widerstehen. Ein ähnliches Verhalten wurde auch bei Schimpansen und Kindern bereits beobachtet.

Kognitive Versuche durchgeführt

Das Team um Erstautor Alex Schnell hat bei den Vögeln auch fünf kognitive Tests durchgeführt, um die allgemeine Intelligenz festzustellen. Die Eichelhäher, die bei diesen Aufgaben besser abschnitten, konnten auch länger auf den Mehlwurm warten. Das legt nahe, dass bei Eichelhähern Selbstkontrolle mit Intelligenz in Verbindung steht. Die Leistung der Vögel war bei den einzelnen Tieren unterschiedlich. Manche schnitten bei allen Aufgaben sehr gut ab, andere wieder mittelmäßig. Laut Schnell waren Vögel, die gut bei einer Aufgabe abschnitten, dann auch bei allen anderen gut. Der Performance liegt somit ein allgemeiner Intelligenzfaktor zugrunde.

Die Eichelhäher passten ihr Verhalten bei der Selbstkontrolle auch an die Umstände an. Bei einem anderen Experiment waren die Mehlwürmer zwar sichtbar, aber immer außer Reichweite. In dem Fall fraßen die Vögel das sofort zugängliche Futter, also Brot oder Käse. Die Zeit, die die Vögel auf den Wurm zu warten bereit waren, nahm ab, wenn er gegen das zweite am meisten bevorzugte Futter als sofortige Belohnung antrat. Diese Flexibilität zeigt, dass Eichelhäher die Belohnung nur dann verzögern, wenn es gerechtfertigt ist. Details wurden in "Philosophical Transactions of the Royal Society B Biological Sciences" publiziert.

(Ende)
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