pte20200113021 Forschung/Entwicklung, Technologie/Digitalisierung

Gut lackierte Geigen spielen deutlich länger

Schweizer Forscher raten nach Laborexperimenten: "So viel Lack wie nötig, so wenig wie möglich"


Unterschiedlich lackierte Holzproben vor Klimakammer (Foto: M. Dzambegovic, PSI)
Unterschiedlich lackierte Holzproben vor Klimakammer (Foto: M. Dzambegovic, PSI)

Villigen/Dübendorf (pte021/13.01.2020/13:30) Lackierte Geigen spielen länger. Was bisher vermutet wurde, haben Forscher am Schweizer Paul Scherrer Institut (PSI) http://psi.ch nun bestätigt. Sie haben mittels Neutronenbildgebung untersucht, welchen Einfluss unterschiedliche Anstriche auf das Holz des Instruments haben. Weitere Erkenntnis: Der Lack schützt nicht nur zuverlässig vor Luftfeuchtigkeit, er beeinflusst auch die Klangeigenschaften des Holzes. "So viel Lack wie nötig, so wenig wie möglich", lautet die Schlussfolgerung der Materialwissenschaftler. Details wurden im Fachblatt "Scientific Reports" publiziert.

Gute Vorbehandlung wichtig

In Kooperation mit Kollegen der ETH Zürich und der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa http://empa.ch haben die Forscher untersucht, wie unterschiedliche Geigenlacksysteme die Feuchtigkeitsaufnahme des Holzes beeinflussen. "Nur eine komplette Lackierung aus Vorbehandlung und Lack ist wirklich effektiv", fasst Sarah Lämmlein von der Empa, Erstautorin der Studie, die Ergebnisse zusammen. Das Holz nehme dann nur halb so viel Wasser aus der Luft auf wie eine unbehandelte Probe.

Die Experten haben fünf Zentimeter lange Stücke von Geigenholz mit sieben Kombinationen verschiedener Vorbehandlungsmittel und Überzugslacke behandelt. Erstere dringen in das Holz ein, während sich der öl- oder alkoholhaltige Lack bis zu 70 Mikrometer dick auf die Oberfläche legt, etwa so dick wie die Breite eines menschlichen Haares. Nach dem Trocknen setzten die Forscher die Holzproben in einer Klimakammer abwechselnd einer Luftfeuchtigkeit von 95 und 35 Prozent aus. Während die Proben in der Kammer Wasser aufnahmen und dann wieder abgaben, wurden die Instrumente mit Neutronen durchleuchtet.

Abstoßungen sind nachzubessern

"Weil die Neutronen so empfindlich für Wasserstoff sind, konnten wir im Bereich eines zehntel Millimeters sehen, wo das Holz wie schnell wie viel Wasser aufnimmt oder abgibt", verdeutlicht PSI-Wissenschaftler David Mannes. Das Besondere an der Bildgebung mit Neutronen sei, dass sie zerstörungsfrei funktioniere; man also Gegenstände im Ganzen untersuchen kann, ohne dass sie durch die Untersuchung Schaden nehmen. So lassen sich dynamische Prozesse in einer Probe beobachten und quantifizieren, unterstreicht Mannes.

Holzproben, die nur mit Vorbehandlungsmitteln, aber nicht mit Überzugslack versehen waren, sollten eine stark abgenutzte Geige simulieren, bei der sich die oberen Schichten des Lacks bereits abgerieben haben. Das geschieht mit der Zeit an besonders beanspruchten Stellen, etwa am Geigenboden, den ein Geigenspieler gegen seine Schulter drückt. Die entsprechenden Proben nahmen recht schnell große Mengen Wasser auf, da sie mehr oder weniger schutzlos der Luft ausgesetzt waren. "Es kann sich also lohnen, die Lackierung an diesen abgenutzten Stellen nachzubessern", sagt Mannes abschließend.

(Ende)
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