pte20120221005 Umwelt/Energie, Forschung/Entwicklung

Kleinbauern meistern Dürre eher als Agrarkonzerne

Traditionelles Erfahrungswissen bester Hungerschutz


Bäurinnen in Uganda: Ökolandbau auch in Dürre nachhaltiger (Foto: Flickr/Savage)
Bäurinnen in Uganda: Ökolandbau auch in Dürre nachhaltiger (Foto: Flickr/Savage)

Nairobi/Berlin (pte005/21.02.2012/06:15) Landwirtschaftliche Kleinbetriebe sind mit der jüngsten Dürre und Hungersnot am Horn von Afrika besser zurande gekommen als die großindustrielle Landwirtschaft. Das zeigt eine Studie, die die Climate Chance Adaption and Development Initiative (CC DARE) http://ccdare.org gemeinsam mit der UNDP und der UNEP präsentiert hat. Kleine Initiativen zum Schutz der Landschaft und zur Verringerung des Pestizid- und Düngereinsatzes reagieren weitaus flexibler auf Umweltänderungen. Sie bessern Ernteertrag, Bodenqualität und Ernährung, während Kosten, Wasserverbrauch und Zeitaufwand sinken.

Beteiligung aller

Die Forscher um Richard Munang werteten ein UN-Projekt in Uganda aus, das sich speziell der Anpassung an den Klimawandel widmet. Die Initiative war demokratisch organisiert und ließ alle Stakeholder vor Ort die unternommenen Schritte gemeinsam entscheiden und verantworten. Die Kleinbauern bauten vor allem Mais und Hülsenfrüchte an und verwendeten dabei erhaltende Techniken. Der Erfolg stellte sich ein - und könnte auch in größerem Maßstab wiederholt werden, da laut den Forschern auch viele nicht beteiligte Bauern die Strategie übernahmen.

"Wir haben die Ergebnisse der beiden Anbauformen nicht direkt verglichen. Immer klarer zeigt sich jedoch, dass die industrielle Landwirtschaft hohe Risiken für eine Degradierung der Umwelt bringt, zumal sie auf hoch-chemischen Ansätzen beruht wie etwa auf der intensiven Anwendung von umweltschädlichen Düngern und Pestiziden", so Munang gegenüber pressetext. So sehr der intensive Ackerbau auch zur globalen Nahrungsmittelproduktion beitrage und die Massen ernähre, verhindere er dennoch nicht Hungersnöte und Knappheiten, die besonders arme Menschen betreffen.

Boden und Finanzen profitieren

Unterstützung dieser Ergebnisse kommen von Felix zu Löwenstein, Vorsitzender des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) http://boelw.de , im pressetext-Interview. "Ist ein Kleinbauer auf den Zukauf von Betriebsmitteln angewiesen, wird er dadurch oft in einen Schuldenkreislauf getrieben, den es beim ökologischen Landbau nicht gibt. Gerade in Staaten, in denen die Geldwirtschaft noch weniger entwickelt ist, sind mehrere verschiedene Ernten pro Jahr stets vorteilhafter als die eine große Ernte der Monokultur, deren Ausfall für den einzelnen Bauern zudem eine totale Katastrophe bedeuten würde."

Doch auch die Böden schützt der Öko-Landbau besser, betont zu Löwenstein. "Die hohe Intensität des großtechnischen Anbaus etwa von Mais schwächt den Humus. Diese Schicht kann als einzige Wasser binden und entscheidet somit, ob ein Acker eine Dürre übersteht." Die Hülsenfrüchte-Zucht baut hingegen Humus auf, liefert wertvolle Proteine für den Verzehr und bringt zusätzlichen Stickstoff in den Boden, was die Düngung mit dem Stickstoff-Sack überflüssig macht.

Bedrohtes Wissen

Allerdings bedeutet ökologischer Landbau nicht, der Natur freien Lauf zu lassen und in der Hängematte auszuruhen, warnt der Experte. "Damit Biolandbau funktioniert, braucht es eine sehr gezielte Mischung der Kulturen, etwa der Flach- und Tiefwurzler oder verschiedener oberirdischer Etagen, um Bodenschichten oder das Sonnenlicht optimal auszunutzen und durch Wechselwirkungen die Krankheitsanfälligkeit zu minimieren."

Besonders in Entwicklungsländern ist das traditionelle Landbau-Wissen vielerorts abhanden gekommen und muss erst mühsam wieder erarbeitet werden. "Etwa im Südsudan ging das ausschließlich mündlich weitergegebene Erfahrungswissen verloren, da eine gesamte Generation in Lagern verbracht hat und dann nur noch mit dem Rezept-Landbau von Saatgut, Spritz-, und Düngemitteln gearbeitet hat." Die Situation erinnert an den Gebrauch von Navi-Geräten, die ihre Nutzer allmählich den Orientierungssinn rauben würden, erklärt zu Löwenstein.

Link zur Studie: http://www.mdpi.com/2071-1050/3/9/1510/

(Ende)
Aussender: pressetext.redaktion
Ansprechpartner: Johannes Pernsteiner
Tel.: +43-1-811 40 306
E-Mail: pernsteiner@pressetext.com
Website: pressetext.com
|