pte20001025047 Forschung/Entwicklung, Umwelt/Energie

"Wunderversprechungen" verschlechtern Vermarktung von Phytopharmaka

Einzelne pflanzliche Arzneimittel-Extrakte drohen aus Heilmittelverordnung zu fallen


Wien (pte047/25.10.2000/17:52) Rationale Phytopharmaka - Extrakte von wirksamen Pflanzen oder Pflanzenteilen - unterliegen als pflanzliche Arzneimittel einem Vermarktungsproblem. Während ihre Bedeutung in der Medikation steigt, sinkt ihr Ansehen durch "Wunderversprechungen" in der Werbung. Die Kluft zwischen Kritikern und Befürwortern ist nach wie vor groß, da unter anderem die Kriterien für die Zulassung von Phytopharmaka international nicht einheitlich sind. Derzeit läuft ein Verfahren gegen die weitere Aufnahme von Ginkgo-Extrakten ins Heilmittelverzeichnis, da Kritiker die Wirkung von Pflanzenextrakten in Frage stellen.

"Wunderversprechungen verunsichern den Konsumenten und bestärken Kritiker", so Gunther Ladurner, Vorstand der Landesnervenklinik Salzburg in einem Beitrag auf dem 53. Van Swieten-Kongress http://www.univie.ac.at/vanswieten/kongress/index.htm . Ginkgo biloba würde bereits klinische Anwendung finden. "Das Extrakt des Ginkgobaums verbessert sowohl auf der Verhaltensebene als auch auf kognitiver Ebene die Lebensqualität von Alzheimer-Patienten", so Ladurner. Das sei ein großer Erfolg, der auch durch breitangelegte Studien bestätigt wurde. "Es ist allerdings nicht nachgewiesen, dass Ginkgo biloba präventiv das Gehirn schützt". Genau hier setzten aber Kritiker an. Diese widersetzten sich bei nur einer fehlenden Wirkung dem Einsatz von Phytopharmaka.

Zur Zeit läuft ein Verfahren, bei der ein Fachbeirat die Weiterführung von Ginkgo-Präparaten im Heilmittelverzeichnis klären soll. Dafür werde von Vertretern der Apothekerkammer, der Ärztekammer, der Wirtschaftskammer und dem Verband der Sozialversicherungsträger ein Gutachten erstellt. "Werden Ginko-Präparate aus dem Heilmittelverzeichnis gestrichen, heißt das nicht, dass sie nicht mehr vertrieben werden dürfen", so ein Sprecher des Hauptverbandes der Sozialversicherungsvertreter zu pressetext.austria. Ginko-Extrakte, darunter Antidepressiva auf pflanzlicher Basis, müssten allerdings nicht mehr von den Krankenkassen finanziell abgegolten werden, so der Sprecher.

Heribert Pittner vom Bundesministerium für Soziale Sicherheit und Generationen (BMSG) http://www.bmsg.gv.at und zuständig für die Arzneimittelzulassung, weiß um die Probleme von Phytopharmaka Bescheid. Der § 17a des Arzneimittelgesetzes regelt die Zulassungsbestimmungen für rezeptfreie Präparate. "Hier muss die Wirksamkeit nicht angeführt werden. Fachinformationen sowie klinische und nicht-klinische Daten sind nicht erforderlich". Bei traditionellen pflanzlichen Stoffen, darunter Brennesselkraut, Heublumen, Apfelsinen-, und Orangenschalen und Hopfenzapfen sei die Wirksamkeit nicht gesichert. Eine Expertengruppe der EU-Kommission arbeitet an Richtlinien für deren Anwendung. In Zukunft soll es auch für traditionelle Arzneimittel, die 30 Jahre in medizinischer Verwendung stehen müssen, sogenannte levels of evidence geben. Die verschiedenen Grade geben Auskunft, welcher Kontrolle die Zulassung zugrunde liegt.

Rationale Phytopharmaka sind Extrakte von wirksamen Pflanzen oder Pflanzenteilen, bei denen es sich um Stoffgemische und nicht um Reinsubstanzen handelt. Es bestehe bei allen Bevölkerungsgruppen großer Informationsbedarf auf dem Gebiet der Phytopharmaka, "da viele Phytopharmaka mit Homöopathika, Bachblüten und Diabetika verwechseln", so Brigitte Kopp vom Institut für Pharmakognosie. Der Einsatz von Phytopharmaka erfolge ausschließlich nach medizinisch-naturwissenschaftlichen Grundsätzen.

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