pts20190205011 Medizin/Wellness, Forschung/Entwicklung

Schmerzen bei Kindern mit Hämophilie oft unzureichend behandelt

18. Österreichische Schmerzwochen: Aktuelle Publikation mit interdisziplinären Empfehlungen


Wien/Horn (pts011/05.02.2019/10:00) Mit der "Bluterkrankheit" verbindet man vor allem Verletzungen, die nicht aufhören zu bluten. "Schwere Hämophilie ist aber auch mit erheblichen Schmerzen verbunden. Vor allem bei Kindern wird dieses Problem noch häufig zu wenig thematisiert oder gezielt mit schmerzmedizinischen Strategien behandelt - was weitreichende Folgen haben kann. Dafür möchten wir im Rahmen der Schmerzwochen der Österreichischen Schmerzgesellschaft Aufmerksamkeit schaffen", sagt ÖSG-Vorstandsmitglied ÖA Dr. Waltraud Stromer (Horn).

Bei Kindern und Jugendlichen mit schwererer Hämophilie treten häufig Einblutungen in Muskeln und Gelenken auf. Das sorgt für akute und in der Folge auch chronische Schmerzen. Rund zwei Drittel der unter 18-Jährigen sind bereits von Gelenkschmerzen betroffen. Dazu kommen die zur Behandlung der Grunderkrankung erforderlichen oft schmerzhaften Prozeduren wie häufige Laborkontrollen und die intravenöse Gabe von Gerinnungsfaktoren. "Ohne geeignete schmerztherapeutische Versorgung von Kindern mit Hämophilie besteht die Gefahr, dass akute Schmerzen chronifizieren", erklärt ÖA Dr. Waltraud Stromer. Mit einer interdisziplinären Expertengruppe hat die Schmerzmedizinerin Handlungsempfehlungen erarbeitet, wie das Schmerzmanagement für Kinder und Jugendliche mit Hämophilie verbessert werden kann.

Blutungen möglichst verhindern, Vorsicht bei Schmerzmittel

Damit Schmerzen möglichst vermieden werden, müssen Blutungen verhindert und die Gelenkfunktion erhalten werden. Dazu müssen die Hämophilie-Patienten regelmäßig den fehlenden Gerinnungsfaktor ersetzen. "Die prophylaktische Faktorsubtitution alleine ist allerdings keine Schmerztherapie", betont Dr. Stromer. Mit dem Auftreten von Blutungen sollte mit einer Physiotherapie und einer modernen multimodalen Schmerztherapie begonnen werden, die auch auf die psychische und soziale Situation der Betroffenen eingeht.

Vorsicht ist bei Analgetika geboten: Aufgrund der gestörten Blutgerinnung bei Hämophilie-Patienten dürfen keine Schmerzmittel eingesetzt werden, die eine Hemmung der Blutgerinnung und Thrombozytenaggregation bewirken. Das sind vor allem Medikamente wie Acetylsalicylsäure, z.B. Aspirin®, aber auch andere nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) mit ausgeprägter Wirkung auf die Cyclooxygenase-1 und daraus resultierender Thrombozytenaggregationshemmung.

"Für Kinder und Jugendliche sind Coxibe eine Alternative. Bei geringen bis mittelstarken Schmerzen sind auch Metamizol und Paracetamol, angepasst in der Dosierung an Alter und Körpergewicht sowie Therapiedauer geeignete Analgetika", empfiehlt Dr. Stromer. "Metamizol hat eine bessere analgetische Wirksamkeit als Paracetamol und kann zum Beispiel bei Kopfschmerzen, Koliken, Weichteilschmerzen oder auch Fieberzuständen angewendet werden", sagt Dr. Stromer. Wenn Nichtopioidanalgetika nicht zur Schmerzlinderung ausreichen, rät die Expertengruppe, ergänzend schwache und starke Opioide unter kontrollierten Bedingungen einzusetzen.

Salben und Teddys gegen Schmerzen bei Injektionen

Um die Schmerzen im Zuge der Hämophilie-Behandlung gering zu halten, braucht es ebenfalls gezielte Maßnahmen: Eine lokalanästhetische Salbe kann etwa die Injektionen weniger schmerzhaft machen. Auch psychologische oder psychoeduktativen Methoden sollten zum Einsatz kommen: "Es ist wichtig, Ablenkungen und Rituale zu schaffen. Beispielsweise kann bei kleinen Kindern ein Therapie-Teddybär verwendet werden. Wir müssen Kindern wie Eltern durch beständiges Erklären, Zeigen und Reden die Angst vor jeglicher notwendigen Intervention so weit wie möglich nehmen", rät Dr. Stromer.

Da Hämophiliepatienten in der Regel in spezialisierten Hämophiliezentren in Behandlung sind, sollten hier besonders Möglichkeiten zur Vernetzung und interdisziplinären Zusammenarbeit von Hämophiliespezialisten, Schmerzspezialisten, Psychologen, physikalischen Medizinern sowie Physiotherapeuten genutzt werden. "Damit können wir die Schmerzversorgung von Kindern und Jugendlichen mit Hämophilie optimieren", betont Dr. Stromer

Quelle: W. Stromer, B.Messerer, R. Crevenna, S.H. Hemberger, B. Jauk, R. Schwarz,·W. Streif, K. Thom, B. Wagner, K. Zwiauer, R. Likar: Schmerztherapie bei Kindern und Jugendlichen mit Hämophilie.

Handlungsempfehlungen einer Expertengruppe: "Der Schmerz. Schmerztherapie bei Kindern und Jugendlichen mit Hämophilie" - https://doi.org/10.1007/s00482-018-0321-7

(Ende)
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