pte20251222010 in Leben

Pinochet ließ Gefangene mit Musik foltern

Neues Buch von Katia Chornik offenbart: Trotz der unzähligen Qualen konnte Musik auch trösten


Buch-Cover: Neues Interviews über Chiles Diktatur (Foto: cam.ac.uk, Katia Chornik)
Buch-Cover: Neues Interviews über Chiles Diktatur (Foto: cam.ac.uk, Katia Chornik)

Cambridge (pte010/22.12.2025/11:30)

Die Gefangenen des chilenischen Diktators Augusto Pinochet wurden mit Musik gefoltert. Trotzdem fanden sie darin auch Trost. Zu diesem Ergebnis kommt Katia Chornik von den Cambridge University's Centre of Latin American Studies in ihrem neuen Buch "Music and Political Imprisonment in Pinochet's Chile". Chornik ist selbst in der chilenischen Diaspora aufgewachsen. Ihre Eltern erlebten unter Pinochet politische Haft und Exil.

Interviews mit Überlebenden

Die Eltern der Wissenschaftlerin wurden in Santiago in der Venda Sexy und in La Discotheque festgehalten und gefoltert. Dabei wurde laufend auch sehr laute Musik gespielt. Die Gefangenen waren immer die Augen verbunden. Chornik hat Dutzende Überlebende interviewt und auch frühere Gefängniswärter sowie verurteilte Straftäter aus den höheren Rängen des Regimes.

1975 wurde die Musiklehrerin und Pianistin Ana María Jiménez in der Villa Grimaldi in Santiago eingesperrt und gefoltert. Sie wurde gezwungen, Aufnahmen anzuhören. "Du lebst in einer permanenten Folter. Wenn Du nicht direkt gefoltert wurdest, musstest Du der Folterung von Mitgefangenen zuhören. Dabei lief die ganze Zeit Musik", berichtet die Betroffene. Das Lied "Gigi l'amoroso" war besonders "beliebt".

Ausdruck des Widerstands

Chornik betont aber auch, dass die Gefangenen sich und andere mit Musik trösteten, Mut fassten und musikalischen Widerstand leisteten. Jiménez sang für einen schwer gefolterten Mitgefangenen in Einzelhaft "Zamba para no morir" von Mercedes Sosa. In diesem Lied heißt es am Ende: "Tot vor Durst, satt vom Gehen. Doch ich wachse weiter in der Sonne."

Der Gefängniswärter befahl ihr, aufzuhören. Sie tat es nicht und verbrachte in der Folge die ganze Nacht im Regen. Jiménez hörte später, dass dieses Lied das Letzte war, das dieser Gefangene vor seinem Tod hörte. Der politische Gefangene Luis Cifuentes, der im National Stadium festgehalten wurde, hörte im Geheimen "Morning has broken" von Cat Stevens. Möglich wurde das durch einen Funkempfänger, der im Geheimen in den Umkleideräumen übergeben wurde.

Chornik hat auch Álvaro Corbalán im Gefängnis Punta Peuco bei Santiago interviewt. Hier verbüßt er seine Strafen für das Verschwinden und die Ermordung von politischen Gegnern. Corbalán war unter anderem der Direktor des Cuartel Borgoño, eines der schlimmsten Orte der Folter. Musik war ein Teil der Gewalt, so die Forscherin. Corbalán, ein Singer-Songwriter, ist noch stolz auf die Gitarre, die ihm Jorge Rafael Videla, der Leiter der Militärjunta geschenkt hat.

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