pte20201210001 Medizin/Wellness, Forschung/Entwicklung

Evolution beeinflusst Aggressivität von Krebs

Mutation des Proteins Siglec-12 verdoppelt das Risiko für fortgeschrittenes Tumorwachstum


Mikroskop: Gewebeproben untersucht (Foto: pixabay.com, Konstantin Kolosov)
Mikroskop: Gewebeproben untersucht (Foto: pixabay.com, Konstantin Kolosov)

San Diego (pte001/10.12.2020/06:00) Im Vergleich zu Schimpansen sind Menschen anfällig, an fortgeschrittenen Karzinomen zu erkranken. Das kann auch dann eintreten, wenn eine genetische Veranlagung oder Tabakkonsum fehlen. Zu den Krebsarten gehören Prostata-, Brust-, Lungen und Darmkrebs. Eine Studie unter der Leitung der University of California San Diego School of Medicine http://medschool.ucsd.edu und des Moores Cancer Center http://medschool.ucsd.edu/research/moores zeigt: Eine evolutionäre genetische Mutation dürfte teilweise der Grund dafür sein.

Übles Überbleibsel

Laut Seniorautor Ajit Varki hat an einem Punkt der menschlichen Evolution das Gen Siglec-12 eine Mutation erfahren, die seine Fähigkeit zwischen "eigenen" und eindringenden fremden Mikroben zu unterscheiden, eliminiert. Genauer gesagt, handelt es sich um das Protein Siglec-12, das das Gen als Teil des Immunsystems herstellt. "Es ist jedoch aus der Bevölkerung noch nicht vollständig verschwunden. Es scheint so zu sein, dass diese dysfunktionale Form des Proteins Siglec-12 abtrünnig geworden und für die Minderheit der Betroffenen, die es noch produzieren, zur Belastung geworden ist.

Bei einer Studie mit normalen und kanzerösen Gewebeproben haben die Forscher entdeckt, dass rund 30 Prozent der Menschen, die immer noch Siglec-12-Proteine produzieren, über ein mehr als doppelt so hohes Risiko verfügen, während ihres Lebens an einem fortgeschrittenen Krebs zu erkranken. Normalerweise werden Gene, die derartig dysfunktionale Proteine kodieren, vom Körper im Laufe der Zeit eliminiert. Rund zwei Drittel der weltweiten Bevölkerung hat die Produktion dieses Proteins bereits eingestellt. Kommt das Gen weiter beim Menschen vor, wurde lange davon ausgegangen, dass es keine funktionelle Bedeutung hat. In den zwei Jahrzehnten seit der Entdeckung gab es daher auch nur wenige Folgestudien. Schimpansen produzieren jedoch noch immer ein funktionierendes Siglec-12-Protein.

Versuche bei Mäusen

Als die Forscher darangegangen sind, Siglec-12 mittels eines Antikörpers in nicht-kanzerösem Gewebe nachzuweisen, waren rund 30 Prozent der Proben positiv. Dabei handelte es sich um ein Ergebnis, das von den genetischen Infos her zu erwarten war. Im Gegensatz dazu war das Gros der Proben von fortgeschrittenen Krebserkrankungen auf Siglec-12 positiv. Eine Studie einer anderen Patientenpopulation mit fortgeschrittenem Darmkrebs hat ergeben, dass mehr als 80 Prozent über eine funktionsfähige Form des Siglec-12-Gens verfügten. Die Ergebnisse dieser Patienten waren schlechter als die der Minderheit ohne dieses Gen. Laut Studienautorin Nissi Varki verfügt die Minderheit der Personen, die dieses Protein noch produzieren, über ein viel größeres Risiko einer fortgeschrittenen Krebserkrankung.

Das Team hat die Ergebnisse auch bei Mäusen validiert, denen Tumorzellen verabreicht wurden und die darauf ausgerichtet wurden, Siglec-12 zu produzieren. Der Krebs wuchs schneller. Zusätzlich wurden viele biologische Signalwege aktiviert, die bei fortgeschrittenen Krebsleiden eine Rolle spielen. Laut Ajit Varki ist diese Information von Bedeutung, da sie für künftige Diagnosen und Behandlungen eingesetzt werden könnte. Den Forschern gelang bereits die Entwicklung eines einfachen Urintests, der das dysfunktionale Protein nachzuweist. Es sei auch denkbar, Antikörper gegen Siglec-12 einzusetzen, um mit Chemotherapien direkt auf Tumorzellen abzuzielen, die das dysfunktionale Protein haben. Dabei würden gesunde Zellen nicht geschädigt. Details wurden in "FASEB BioAdvances" publiziert.

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