Stabschrecken mögen schwerverdauliche Pflanzen
Multifunktionalität von Glycosid-Hydrolasen 9 war bisher völlig unbekannt
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Australische Gespenstschrecke im Labor (Foto: Matan Shelomi, ice.mpg.de) |
Jena (pte017/10.03.2016/10:30) Stabschrecken (Phasmatodea) können Cellulasen produzieren, die unterschiedliche Zellwandpolymere gleichermaßen abbauen. Damit sind die Insekten in der Lage, selbst schwerverdauliches Pflanzenmaterial zu verspeisen. Dies geben Forscher des Max-Planck-Instituts für chemische Ökologie http://ice.mpg.de an.
Bestehende Theorie widerlegt
Neben Cellulose sind Xylan und Xyloglucan wichtige Bestandteile pflanzlicher Zellwände. Gespenstschrecken (Phasmatodea) haben vielfache Kopien von Cellulase-Genen in ihrer Erbsubstanz. Es gibt jedoch unter diesen Enzymen auch einige, die das Xylose-Gerüst von Xylan aufbrechen können, andere wiederum können das Xylose-Glucose-Gerüst von Xyloglucan spalten. Es handelt sich hier um das erste beschriebene Xyloglucanase-Enzym, das in vielzelligen Tieren nachgewiesen wurde. Bislang ging man davon aus, dass es in Tieren keine derartigen Enzyme gibt.
Die Cellulase-Gene von sieben Gespenstschreckenarten wurden isoliert, darunter die Australische Gespenstschrecke, die Vietnam-Stabschrecke und die Kleine Dornschrecke aus Borneo. In allen waren viele verschiedene Cellulase-Enzyme aus der Familie der Glycosid-Hydrolasen 9 (GH9) aktiv. Da das Beibehalten überzähliger Enzyme, die alle die gleiche Funktion haben, aus evolutionsbiologischer Sicht nicht sinnvoll ist, vermuteten die Forscher, dass einige ihre Funktion verloren haben mussten oder im Laufe der Evolution eine neue Aufgabe übernommen hatten.
Kraftvolle Enzyme nachgewiesen
Die Multifunktionalität von Glycosid-Hydrolasen 9 war bisher unbekannt. "Hätten wir diese Enzyme ausschließlich auf ihre Aktivität im Hinblick auf Cellulose getestet, wären die anderen Funktionen unentdeckt geblieben", verdeutlicht Matan Shelomi, Erstautor der Studie. "Es war gut, dass wir unsere Untersuchungen auf die Aktivitäten gegenüber anderen pflanzlichen Bestandteilen ausgeweitet haben. So waren wir die Ersten, die derart leistungsfähige Enzyme in Tieren nachweisen konnten", unterstreicht der Jenaer Wissenschaftler.
Xylanase-Cellulasen verschiedener Arten sind nahe miteinander verwandt. Die Xyloglucanase-Cellulasen bilden ebenfalls eine monophyletische Gruppe und gehören damit dem gleichen Stamm an. Weil auch in der kalifornischen T. cristinae die gleichen Enzymaktivitäten zu beobachten waren, muss das Cellulase-Gen in einem gemeinsamen Ur-Insekt dupliziert worden sein. Einige der verschiedenen Genkopien haben dann offenbar neue Fähigkeiten entwickelt. Dies geschah vor der Entstehung der Ordnung "Gespenstschrecken".
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