Presseförderung: Steuergelder für Missmanagement
Marktverzerrung befürchtet - Gießkannenprinzip demokratiepolitisch bedenklich
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Zeitungsstapel: neue Konzepte fehlen (Foto: pixelio.de, Thomas Siepmann) |
Wien (pte009/12.12.2012/09:35) Während österreichische Medien wie der Standard, die Presse, der Kurier, das Wirtschaftsblatt und die APA Journalisten entlassen, wirkt die Forderung der Verlage nach einer Verfünffachung der Presseförderung geradezu grotesk und sorgt damit wieder einmal für gespaltene Gemüter. In Deutschland undenkbar, hat die zuständige österreichische Behörde KommAustria http://www.rtr.at allein für dieses Jahr insgesamt knapp 10,8 Mio. Euro Presseförderung ausgegeben und 121 von 125 Ansuchen bewilligt. Kritiker des österreichischen Weges machen für die Misere der Zeitungen veraltete Geschäftskonzepte verantwortlich, die dem digitalen Zeitalter nicht gewachsen sind.
"Überflüssig wie ein Kropf"
"In Deutschland wäre die Presseförderung so überflüssig wie ein Kropf. Gut geführte Verlage mit guten Produkten machen in der Regel gutes Geld, die anderen nicht. Presseförderung gibt die Medien einem Abhängigkeitsverhältnis vom Staat preis. Das wäre, als ob es lauter kleine ORFs gibt", sagt Heinz-Werner Nienstedt, Professor für Medienwirtschaft an der Universität Mainz http://www.medienmanagement-mainz.de , gegenüber pressetext. Dass Österreich den Weg einer Presseförderung nach dem Gießkannenprinzip geht und somit keinen wirklichen Beitrag zum Qualitätsjournalismus leistet, stellt für Kritiker eine Wettbewerbsverzerrung dar.
Im Unterschied zum Verband Österreichischer Zeitungen http://www.voez.at sind die deutschen Zeitungsverleger strikt gegen jede Form der direkten Presseförderung. "Die Presseförderung lehnt der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) ab, weil ein solches Modell immer die Gefahr staatlicher Einflussnahme in sich birgt", erklärt Erik Staschöfsky vom BDZV http://www.bdzv.de im pressetext-Interview und fügt hinzu, dass die Ausweitung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes, der für Zeitungen gilt, auf digitale publizistische Produkte hingegen eine "sinnvolle Form" sei, die Pressevielfalt und den Qualitätsjournalismus langfristig zu fördern.
Wenngleich dies in den Augen von Kritikern eine indirekte Förderung durch die Hintertür ist, strebt man im BDZV längerfristig sogar eine komplette Befreiung von der Mehrwertsteuer an. Die in Österreich hingegen oft argumentierte gefährdete demokratiepolitische Rolle des Journalismus sieht er nicht.
GPA-djp: Gießkannenprinzip bedenklich
In Bezug auf die aktuelle Situation in Österreich gesteht Franz C. Bauer, Vorsitzender der österreichischen Journalistengewerkschaft in der GPA-djp http://gpa-djp.at , ein, dass Presseförderung "den Markt verzerrt" und dass die Presseförderung am Ende eine politische Entscheidung sei. Auch sieht er bei den politischen Parteien den Willen zu einer Reform, denn "das Gießkannenprinzip ist demokratiepolitisch bedenklich". Derzeit erhalten laut Bauer auch solche Medien Zuschüsse, die förderunwürdig sind. "Unser Ziel ist eine gezielte Förderung von Vielfalt und Qualität, sowohl online als auch in gedruckter Form", unterstreicht Bauer. Eine etwaige Vergabe müsse unabhängig und objektiv erfolgen und dem Zugriff der Politik entzogen werden.
Entgegen den für Medien zuständigen Staatssekretär Josef Ostermayer (SPÖ), der für eine starke Erhöhung der Presseförderung eintritt (Anm.: die Regierungsparteien liebäugeln mit einer Verdoppelung), spricht sich der stellvertrende BZÖ-Klubobmann Stefan Petzner klar für eine Abschaffung der Presseförderung aus und macht die mangelhaften Geschäftskonzepte der Verlage für die Misere verantwortlich: "Ich bin dagegen, dass der Steuerzahler etwas finanzieren soll, was wirtschaftlich schon lange nicht mehr State of the Art ist. Jene Zeitungen, die den Sprung ins digitale Zeitalter nicht schaffen, wird auch eine noch so hohe Presseförderung nicht retten."
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