Zu viel Englisch: Konzerne verschleiern Berichte
Im Schnitt 14 Anglizismen pro Seite bei Dax-Unternehmen
![]() |
Wörterbuch: Für viele Investoren leider nötig (Foto: pixelio.de, S. Somkuti) |
Saarbrücken/Hergiswil (pte016/15.06.2011/11:20) Der übermäßige Gebrauch englischer Begriffe in Geschäftsberichten deutscher Dax-Konzerne ist strafbar - zumindest wenn man der Analyse Michael Olbrichs, dem Leiter des Instituts für Wirtschaftsprüfung der Universität des Saarlandes http://uni-saarland.de , folgt. Der Experte kommt bei der Auswertung der Geschäftsberichte aller 30 Dax-Schwergewichte aus dem Jahr 2009 zu dem Ergebnis, dass im Durchschnitt 14 englische Wörter pro Seite zu finden sind.
Herdentrieb verantwortlich
"Dass deutsche Unternehmen zu viele Anglizismen in ihren Geschäftsberichten bemühen, ist einem Herdentrieb geschuldet. Obwohl keine sachliche Begründung dafür vorliegt, glauben diese sich den internationalen Gepflogenheiten anpassen zu müssen. Dabei wäre die Anfertigung der Geschäftsberichte in deutscher und englischer Sprache die bessere und einfachere Lösung", so Markenexperte Thomas Otte http://brand-consulting.com gegenüber pressetext.
Aber nicht nur das mangelnde Sprachgefühl wirft der Wissenschaftler den Konzernen vor. Olbrich zufolge machen sich viele Unternehmen der Missachtung von Paragraf 244 des Handelsgesetzbuches strafbar. Darin heißt es: "Der Jahresabschluss ist in deutscher Sprache und in Euro aufzustellen." Weil die meisten Unternehmen diesen Grundsatz jedoch vernachlässigen, erfüllen sie somit den Straftatbestand der Verschleierung, meint Olbrich.
Gegenteil von Kommunikation
"Der überstrapazierte Gebrauch englischer Ausdrücke wird von vielen Konzernen zwar als Schutz davor verwendet, im Schwarm der Dax-Riesen nicht unnötig aufzufallen. Was somit jedoch entsteht, ist das Gegenteil von eigentlich beabsichtigter Kommunikation", sagt Otte auf pressetext-Nachfrage. Denn indem sich die Unternehmen mit englischen Ausdrücken überbieten, entstehen selbstbezogene, nach außen abgeschlossene Systeme, so der Experte.
Diese Einschätzung ist nachvollziehbar. In den Geschäftsberichten von Deutscher Bank, SAP, Siemens und weiteren Konzernen wimmelt es nur so von Anglizismen. Das größte deutsche Privatinstitut liegt - gemessen am Anteil englischer Wörter im Gesamttext - mit 5,65 Prozent auf Platz eins. Siemens folgt dahinter mit 5,51 Prozent, hat im Vergleich zum Bericht der Deutschen Bank aber um 130 Wörter weniger Text. Damit bleiben Unterschiede marginal.
Den Vorwurf Olbrichs, Englisch nur als Verschleierungstaktik zu gebrauchen, weisen viele der Dax-Konzerne zurück. Bei E.ON heißt es etwa, man verwende als Unternehmen, das in 30 Staaten tätig ist und Mitarbeiter aus 40 Ländern beschäftigt besonders in der Finanzwelt englischsprachige Begriffe. Wörter wie "Cashflow" seien Standartvokabular von Anlegern. Auf Unverständnis stößt die Studie hingegen auch beim Dünger- und Salzspezialisten K+S.
(Ende)Aussender: | pressetext.redaktion |
Ansprechpartner: | Florian Fügemann |
Tel.: | +43-1-81140-305 |
E-Mail: | fuegemann@pressetext.com |
Website: | www.pressetext.com |