pte20090821028 in Leben

Max-Planck-Forscher: Menschlicher Orientierung auf der Spur

Ohne Anhaltspunkte laufen Menschen im Kreis


Tübingen (pte028/21.08.2009/15:35) Menschen, die in unbekanntem Terrain ohne äußere Orientierungshilfen unterwegs sind, kommen öfters an der Stelle wieder an, an der sie gestartet sind. Forscher des Max-Planck-Instituts für Biologische Kybernetik http://www.kyb.tuebingen.mpg.de haben nun in einem Experiment nachgewiesen, warum das so ist. Mithilfe von GPS-Empfängern haben die Forscher Jan Souman und Marc Ernst die Wege von Probanden in einer natürlichen Umgebung - in einem Waldgebiet im Rheinland und in der Sahara in Tunesien - untersucht. "Solange die Sonne als Orientierungshilfe sichtbar war, gingen die Probanden gerade aus. War die Sonne nicht mehr sichtbar, begannen sie im Kreis zu laufen", so Souman im pressetext-Interview.

"Es ist tatsächlich wie im Film: Einige unserer Versuchsteilnehmer haben sobald die Sonne verdeckt war, mehrmals ihren Pfad gekreuzt, ohne es zu merken. Einheitliche Bewegungsmuster konnten wir jedoch keine feststellen", erklärt der Forscher. Es schien als wichen die Probanden rein zufällig Stück für Stück vom geraden Weg ab. "Dass orientierungslose Menschen im Kreis laufen, wurde bislang beispielsweise auf Unterschiede zwischen linker und rechter Hirnhälfte oder auf unterschiedlich lange und kräftige Beine zurückgeführt", erklärt der Wissenschaftler. Dann müsste ein Mensch mit einem schwächeren linken Bein eher nach links, einer mit einem schwächeren rechten Bein nach rechts neigen.

"Diese Erklärung konnten wir in einem weiteren Experiment jedoch widerlegen, denn als wir die Probanden dazu aufgefordert hatten, auf einem freien Feld mit verdeckten Augen geradeaus zu laufen, wichen die Laufwege der meisten mehr oder weniger zufällig von der angepeilten geraden Linie ab." Immer wieder haben die Probanden enge Kreise, manchmal sogar mit weniger als 20 Meter Durchmesser, durchschritten. "Fast jeder der Probanden lief aber manchmal links, manchmal rechts herum. Sie sind also nicht immer in derselben Richtung vom geraden Weg abgewichen", so Souman. Die fehlerhaften Informationen aus den Sinnesorganen haben sich summiert, dadurch können die beobachteten Kreisbahnen entstehen." Unterschiedliche Beinlängen oder -stärken hatten in den Experimenten dagegen keinen Einfluss auf die Laufrichtung.

"Die sich anhäufenden kleinen Fehler in den Sinneseindrücken führen dazu, dass es Menschen mit verbundenen Augen kaum schaffen, mehr als 20 Meter geradeaus zu gehen", erklärt Souman. In Experimenten konnten die Forscher feststellen, dass sich ein Mensch mit verbundenen Augen und ohne äußere Orientierungshilfen im Durchschnitt nicht weiter als 100 Meter von seinem Startpunkt entfernt. "Wir können den Sinneseindrücken aus Augen, Ohren und Gleichgewichtsorganen nicht bedingungslos vertrauen. Vielmehr nutzen wir zusätzliche äußere Orientierungshilfen, wie beispielsweise Berge, Sonne oder Gebäude, mit denen unsere Wahrnehmung abgeglichen und gegebenenfalls korrigiert wird", so der Forscher. Nun wollen die Wissenschaftler herausfinden, welche Rolle die verschiedenen Sinneseindrücke und Orientierungshilfen spielen.

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