pte20090528031 in Leben

Kung Fu verändert die Schmerzwahrnehmung

Abhärtung bei Kampfkunst-Training beruht auf Reizverarbeitung


Indianer und Kampfkünstler spüren keine Schmerzen (Foto: pixelio.de/Rotter)
Indianer und Kampfkünstler spüren keine Schmerzen (Foto: pixelio.de/Rotter)

Bochum (pte031/28.05.2009/13:40) Wer regelmäßig asiatische Kampftechniken ausübt, wird dabei unempfindlicher für Schmerz. Dieses Phänomen der Abhärtung, das zugleich wesentliches Trainingsziel der meisten Kampfkünste ist, nahm eine Pilotstudie der deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft http://www.dmkg.de nun genauer unter die Lupe. Dazu befragte man 100 Menschen, die regelmäßig Kampfkünste betreiben, nach ihren Erfahrungen mit Schmerz. In einem Experiment verglich man zudem die Schmerzreizschwellen von Kung Fu-Schülern mit denjenigen von Sportlern anderer Sportarten.

Änderungen wurden dabei sowohl in der Schmerzwahrnehmung als auch in der affektiven Bewertung von Schmerzen sichtbar. "Kampfkünstler gehen viel gelassener mit Schmerzen um und scheinen auch weniger empfindlich zu sein", so das Resümee der Studienleiterin Monika Dirkwinkel von der Universitätsklinik Bochum http://www.ruhr-uni-bochum.de im pressetext-Interview.

Unter "Kampfkunst" versteht man Sportarten, die auf die Gesunderhaltung des Körpers durch Kräftigung abzielen und dabei auch meditative Komponenten beinhalten, im Gegensatz zum rein auf Angriff abzielenden "Kampfsport". "Die Abhärtung gegen Schmerzen ist wesentlicher Bestandteil von Kampfkünsten wie Kung Fu oder Karate und geschieht etwa durch gezielte Simulation von Treffersituationen im Kampf. Dabei will man den Schmerz als Schutzmechanismus überwinden, der den Körper sonst zum Rückzug auffordert und damit dem Gegner einen Vorteil verschafft", erklärt Dirkwinkel. Was sich dabei ändere, sei in erster Linie die Interpretation des Schmerzes. "Über Kopfschmerz klagt man und versucht ihn etwa durch Medikamente zu behandeln. Im Kampfkunstbereich ist das Schmerzgefühl hingegen nicht negativ behaftet, sondern selbstverständlicher Teil des Trainings."

Mehrere asiatische Kampfkunstarten gehen auf Traditionen der Shaolin-Mönche zurück, die auch die kognitive Beherrschung des Körpers pflegen. Frühere Studien haben bereits festgestellt, dass Meditationsübungen Schmerzen lindern können (pressetext berichtete: http://pressetext.com/news/090206030/ ). Dirkwinkel schließt aus der Untersuchung, dass es auch bei Kampfkunstarten mehr um die Verarbeitung des Schmerzes geht als um dessen Wahrnehmung. "Kampfkünstler haben kaum sichtbare Veränderungen am Körper, die ihre Wahrnehmung vermindern würden." Körperliche Auswirkungen des Trainings seien am ehesten in der Kräftigung des Bewegungsapparates denkbar.

Dirkwinkels Untersuchung zeigte, dass sich Schmerzschwellen durch Kampfkunst-Training nicht nur an Rumpf und Gliedmaßen verändern, die typischerweise bei Angriff- und Abwehrtechniken zum Einsatz kommen, sondern auch im Gesicht. Als Therapieempfehlung solle man die Ergebnisse jedoch keinesfalls verstehen. "Dafür müssen die Mechanismen, die bei der verminderten Schmerzwahrnehmung von Kampfkünstlern auftreten, noch näher verstanden werden. Dann erst können wir auch die Wirkung der kontrollierten Aktivierung der Schmerzhemmung bei weiteren Probanden systematisch untersuchen", so die Bochumer Neurologin gegenüber pressetext.

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