pte20090417028 in Business

Skandal: WC-Personal muss Trinkgeld abgeben

Shoppingcenter CentrO und Reinigungsfirma InterClean in der Kritik


Dumping-Löhne für WC-Personal (Foto: pixelio.de, RainerSturm)
Dumping-Löhne für WC-Personal (Foto: pixelio.de, RainerSturm)

Oberhausen/Frankfurt am Main (pte028/17.04.2009/13:45) Das WC-Personal des Shopping- und Freizeitzentrums CentrO http://www.centro.de darf sein Kundentrinkgeld nicht behalten, sondern muss es an Arbeitgeber und Reinigungsdienstleister InterClean http://www.interclean-gmbh.de abgeben. Obwohl die WC-Männer und -Frauen mit 4,50 Euro je Stunde gerade einmal ein wenig mehr als die Hälfte des tarifbezogenen Branchenlohns von 8,15 verdienen, landet jeder zusätzliche Obolus auf dem InterClean-Geschäftskonto. Die für Reinigungsunternehmen in Nordrhein-Westfalen zuständige Gewerkschaft IG BAU http://www.igbau.de läuft gegen diese Art der Mitarbeiterführung Sturm. Gegenüber pressetext bezeichnet IG-BAU-Gewerkschaftssekretärin Zeynep Bicici das Vorgehen des InterClean-Managements als "schamloses Ausnutzen".

"Dies ist schon längst kein Einzelfall mehr. Da die Mitarbeiter nicht als Reinigungskräfte vom Arbeitgeber angestellt werden, unterliegen sie auch nicht den in der Branche tarifvereinbarten Mindestlöhnen", erklärt Peter Groll, Geschäftsführer der Arbeitsrechtskanzlei Groll & Partner http://www.kanzleigroll.de , im pressetext-Gespräch. Dass InterClean seine Mitarbeiter im Einkaufszentrum CentrO lediglich zur "Telleraufsicht" eingestellt hat, um keine Mindestlöhne zahlen zu müssen, bezeichnet der Fachanwalt für Arbeitsrecht als "Trick 17 mit Überschlag". Entscheidend sei, ob die Angestellten tatsächlich nur zur Beaufsichtigung des Trinkgeldtellers oder doch für die Reinigungstätigkeit der WC-Anlagen arbeiten. Träfe letzteres zu, müsste wie üblich Mindestlohn gezahlt werden, so der Experte weiter.

Dass das WC-Personal im Shoppingcenter CentrO hingegen auch die Toiletten säubern muss, berichtet die West Allgemeine Deutsche Zeitung, heute, Freitag. Hierbei werde zudem streng kontrolliert, dass das Personal Trinkgelder der Kunden nicht einbehält, sondern vollständig an das Reinigungsunternehmen abführt. "CentrO haftet als Kunde InterCleans entsprechend des deutschen Entsendegesetzes mit und kann sich nicht einfach die Hände abputzen", sagt Bicici auf Nachfrage von pressetext. Der Gewerkschafterin zufolge strahlen solche Konflikte nicht zuletzt auch generell auf das öffentliche Image von Shopping- und Freizeitzentren zurück. Im konkreten CentrO-Fall sind aktuell rund 15 Mitarbeiter betroffen, die ausschließlich in den Toiletten eingesetzt werden. "Dass keiner der Angestellten etwas unternimmt und klagt, hat auch mit der praktischen Angst der möglich folgenden Entlassung zu tun", meint Groll.

Obwohl CentrO und InterClean Mediendarstellungen zurückweisen, wonach Kameras zur Überwachung der WC-Mitarbeiter scharf auf den Teller eingestellt waren, bleibt ein fader Beigeschmack. Inzwischen sollen die Überwachungskameras im Toiletteneingangsbereich laut CentrO-Geschäftsführer Frank Pöstges aber abgehängt worden sein. "Dieser Aufwand wird nicht ohne Grund betrieben. Schließlich lassen sich allein mit den ,Trinkgeldern' pro Jahr mehrere Tausend Euro quasi nebenbei verdienen", unterstreicht Bicici. Unwissende Toilettenbesucher im CentrO werden inzwischen durch einen Aushang darauf hingewiesen, wohin das Trinkgeld fließt. Wenngleich dies moralisch verwerflich zu sein scheint, sieht die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen darin trotzdem keinen Betrug am Kunden. Daher wird WC-Benutzern generell geraten, im Voraus beim Toilettenpersonal nachzufragen.

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