pte20080616034 in Business

Finanzkrise: Versicherer wegen Klagen im Alarmzustand

Experte sieht in vorgelagerten Verfahren große Erfolgschancen


Versicherer geraten zunehmend unter Druck (Foto: pixelio.de, Erich Kasten)
Versicherer geraten zunehmend unter Druck (Foto: pixelio.de, Erich Kasten)

New York/Mönchengladbach (pte034/16.06.2008/13:55) US-amerikanische Versicherer befinden sich im Alarmzustand, da wegen der internationalen Subprime-Krise zahlreiche Ansprüche aus Managerhaftpflicht-Polizzen in Mrd.-Höhe drohen könnten. Wie die Financial Times Deutschland heute, Montag, berichtet, reichen die Schätzungen für Ansprüche der sich benachteiligt fühlenden Unternehmen auf sogenannte D&O- und E&O-Polizzen von derzeit drei Mrd. bis hin zu zehn Mrd. Dollar. D&O steht für "Directors' and Officers' Liability", während die Haftung für Manager E&O für "Errors and Omissions Insurance" eine spezielle Berufshaftungspflicht bedeutet. Im Rahmen der sich anbahnenden Klagewelle wird damit gerechnet, dass durch umfangreiche Fehlspekulationen verärgerte Privatleute und Unternehmen gegen Banken, Vermittler und Finanzdienstleister gerichtlich vorgehen und parallel dazu bei den Prozessen auf die US-Justiz bauen können.

"Die Kläger können in den Sammelverfahren gegen finanzstarke US-Investmentinstitute nur gemeinsam wirklich etwas erreichen. Dennoch stelle ich mir den Verfahrensweg nicht einfach vor, da man bei jedem einzelnen Finanzprodukt, durch das sich die Kläger im Nachhinein betrogen fühlen, die individuelle Schuld nachweisen muss", erläutert Klaus Joachim Hartung, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht von der Kanzlei Gerats, Hartung & Partner http://www.ra-hartung.de , im Gespräch mit pressetext. Laut dem Rechtsexperten werde man sich in den Verfahren von Klägerseite her dem Mittel der "Pre-Trial Discovery" bedienen. "In einem vorgelagerten, den Hauptprozess vorbereitenden Verfahren können die Kläger den Beklagten bereits im Vorhinein zur Vorlage von Unterlagen zwingen oder Mitarbeiter des Beklagten benennen, die man im Prozess vernehmen will. Eine solche Praxis ist vor allem in den USA sehr effizient und beliebt, wäre in Deutschland aber undenkbar", meint Hartung.

Die Argumentation vieler Kläger folgt dem Leitsatz, in Finanzangelegenheiten nicht korrekt beraten worden zu sein. Rechtsfachleute gehen davon aus, dass ein Großteil der Gerichte den Klägern Recht zusprechen wird und die Versicherer dann zahlen müssten. Nach Angaben der renommierten Unternehmensberatung Navigant Consulting reichten Kläger in den 15 Monaten bis Ende März dieses Jahres bereits 448 Klagen vor US-Bundesgerichten ein, die mit dem Subprime-Desaster im Zusammenhang stehen. Dennoch könnte dies erst der Anfang einer Klägerwelle sein, meinen Insider. Allein im ersten Quartal waren es 170 Fälle. 46 Prozent der Klagen wurden von Darlehensnehmern gegen Banken eingeleitet, bei den übrigen Verfahren ging es um Verluste aus Wertpapieren und Vertragsstreitigkeiten. Laut dem Bericht seien von den 170 Fällen 129 Sammelklagen. Die Beratungsfirma Advisen beziffert den D&O- und E&O-Schaden auf je 3,6 Mrd. Dollar.

Experten sehen in diesem Vorgehen der Geschädigten Parallelen zum Fall der Savings- und Loans-Institute von 1986 bis 1995, die ebenfalls durch Hypotheken ausgelöst, insgesamt "nur" 559 Klagen nach sich gezogen hatten. "Was 2007 kam, war nur eine kleine Welle, verglichen mit dem Tsunami, der uns jetzt trifft", unterstreicht Navigant-Chef Jeff Nielsen. So wird davon ausgegangen, dass jeder der zehn größten Subprime-Hypothekengeber in mindestens einer der vorliegenden Sammelklagen genannt wird. Dazu gehören sollen neben Wachovias World Savings Bank, Bear Stearns, Citigroups CitiMortgage, Wells Fargo auch die zu Merrill Lynch gehörende First Franklin sowie Countrywide. Wenn die beklagten Organisationen im Rahmen der Verfahren zahlen sollten, werden diese versuchen, sich einen Teil von den Versicherern wieder zu holen. So liegen dem Londoner Versicherungsmarkt Lloyd's inzwischen rund 100 Subprime-Schadensforderungen vor.

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