pte20071110003 Medien/Kommunikation, Politik/Recht

Marketing via "Tell a friend" als kostspieliges Eigentor

Abmahnwelle wegen Mailingpoint-Funktion droht


Unerwünschte E-Mails mit Werbung können teuer werden (Foto: pixelio.de)
Unerwünschte E-Mails mit Werbung können teuer werden (Foto: pixelio.de)

München/Wien (pte003/10.11.2007/06:20) Die beliebten Mailingpoint-Funktionen wie etwa "Tell a friend" oder "Newsletter weiterempfehlen", die von vielen Online-Plattformen angeboten werden, stellen für Unternehmer ein nicht zu vernachlässigendes finanzielles Risiko dar. Zu diesem Schluss kommt die IT-Recht Kanzlei München http://www.it-recht-kanzlei.de in ihrem aktuellem Newsletter. Auch wenn die Weiterempfehlung bei derartigen Funktionen durch den Kunden bzw. den Nutzer einer Website (also durch Dritte) und nicht durch den Unternehmer selbst erfolgt, haften die Betreiber der Plattformen oft für entstandenen Schaden.

Konkret geht es dabei um Abmahnungen von Rechtsanwaltskanzleien. Die Streitwerte belaufen sich in der Regel auf zwischen 500 und 5.000 Euro. Durch die Idee, einfach die eigenen Kunden als "Transportmittel" für Werbenachrichten zu verwenden, gehen viele Betreiber von Online-Shops und -Portalen davon aus, nicht für die verschickte Mail verantwortlich gemacht werden zu können. Dem widerspricht jedoch Max-Lion Keller von der IT-Recht Kanzlei München gegenüber pressetext: "Es kann heute keinem mehr geraten werden, sich Produkt- oder auch nur Newsletterweiterempfehlungen via E-Mail-Versand durch Dritte zu bedienen. Zu uneinheitlich ist hier die Rechtsprechung und dementsprechend groß ist auch angesichts des sogenannten ´fliegenden Gerichtsstands´ die Abmahngefahr. Wir rechnen hier jedoch in nächster Zeit mit einem abschließenden Urteil des BGH."

Der "fliegende Gerichtsstand" besagt, dass bei Internetangeboten deutschlandweit tätiger Unternehmen Klagen bzw. Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung prinzipiell bei jedem Landgericht in Deutschland eingereicht werden können, ohne dass ein weiterer sachlicher Grund hierfür gegeben sein muss. Die Rechtsprechung bei bisher vor Gericht anhängigen Fällen könnte jedoch unterschiedlicher nicht sein: So kommt das Landgericht Frankfurt am Main zu dem Schluss (Urteil vom 05. 11. 2004, Az: 3/12 O 106/04), dass Händler zumindest dann nicht zur Verantwortung gezogen werden könnten, wenn der Internet-Nutzer nicht völlig wahllos bzw. willkürlich von der Weiterempfehlungsfunktion Gebrauch machen würde. Das OLG München entschied hingegen (Az. 8 U 4223/03, Urteil v. 12.02.2004), dass ein Händler bzw. Betreiber der beschriebenen E-Mail-Weiterempfehlungsfunktion durchaus auch verschuldensunabhängig in die Haftung genommen werden kann. "Es kommt daher nicht darauf an, ob der Händler damit rechnen musste (und unter Umständen fahrlässig verkannt hat), dass Dritte mit ´nachgerade krimineller Energie´ einen Newsletter für einen Dritten bestellen", so das OLG München in der Urteilsbegründung. Weitere Urteile durch das KG Berlin, das LG Nürnberg oder der OLG Nürnberg lassen ebenfalls keine einheitliche Rechtsprechung in dieser Problematik erkennen.

Dieter Kronegger http://www.kronegger.eu , IT-Rechtsexperte in Österreich, schätzt die Situation für Österreich ähnlich ein. "Jedenfalls kann man nur raten, bei Werbung mittels E-Mail sehr vorsichtig zu sein, da viele Empfänger recht sensibel darauf reagieren. Wer unerbetene Werbemails versendet, muss damit rechnen, schon nach relativ wenigen versandten Werbemails abgemahnt oder angezeigt zu werden", so Kronegger gegenüber pressetext. Der Umstand, dass der Mailversand von einem "Freund" ausgelöst wurde, ändert nichts daran, dass der Empfänger der Werbe-E-Mail keine Zustimmung dazu gegeben habe. "Man kann hier meines Erachtens auch schlecht argumentieren, dass solche E-Mails keine Direktwerbung wären", folgert Kronegger.

Eine sinnvolle Alternative wäre es laut Kronegger, dem Besucher der Website zu erleichtern, Produktinformationen oder einen direkten Link auf das Produkt in das eigene E-Mail-Programm des Versenders zu kopieren. "Dann kann der Besucher der Website die Informationen auf eigene Verantwortung einem Freund zusenden, und solche E-Mails werden vom Empfänger wohl auch eher als freundschaftliche Nachricht denn als lästiger Spam eingestuft", so Kronegger. Ein Freibrief für Unternehmer sei eine derartige Funktion jedoch nicht, warnt Keller. "Sobald diese E-Mail einen werblichen Charakter aufweist, ist die Problematik der unerwünschten Werbung weiterhin gegeben."

Im wesentlichen gibt es in diesem Bereich in Österreich zwei rechtliche Sanktionen: Zum einen verbietet § 107 TKG 2003 unerbetene Nachrichten und Verstöße sind mit einer Verwaltungsstrafe bis zu 37.000 Euro bedroht. "Zum anderen hat sich die Unsitte entwickelt, dass manche Rechtsanwälte massenhaft Abmahnschreiben versenden oder klagen. Diese Klagen können einerseits darauf gestützt sein, dass der Kläger selbst die unerbetene Werbung erhalten hat und gestützt auf § 107 TKG 2003 auf Unterlassung klagt, andererseits kann der Kläger Wettbewerber des Werbenden sein und nach dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) auf Unterlassung klagen", so Kronegger abschließend gegenüber pressetext.

(Ende)
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