pts20070601006 Medien/Kommunikation, Politik/Recht

Unternehmensnachfolge-Gesetz: Fusch mit System


Düsseldorf (pts006/01.06.2007/09:00) Die Düsseldorfer Steuerberaterin Rita Wogener entlarvt die Pläne der Bundesregierung als Bestrebungen der Rechtspolitik, das alte Recht nur in anderer Verpackung wiederherzustellen und statt Begünstigung Konkurse und Arbeitsplatzvernichtung zu provozieren.

"Die Politik spekuliert mit dem Reformvorhaben auf die Nichterfüllbarkeit der Begünstigungsvoraussetzungen bei der Unternehmensnachfolge und spielt so mit Firmenerben Roulette", so Wogener. Das Bundesverfassungsgericht hat das geltende Erbschaftsteuerrecht für verfassungswidrig erklärt. Bis zum 31. Dezember 2008 muss der Gesetzgeber sicher stellen, dass jedes Vermögen nach Marktwerten bestimmt wird. In einem zweiten Schritt dürfen dann einzelne Erbengruppen begünstigt werden.

Die Koalition kreierte das "Abschmelzmodell". Danach wird Firmenerben die Erbschaftssteuer auf den produktiven Teil des Betriebsvermögens über zehn Jahre schrittweise erlassen, wenn sie den Betrieb fortführen. Konkret heißt das, dem Betrieb wird jedes Jahr ein Zehntel der Steuerschuld geschenkt, wenn sich die Betriebsverhältnisse nicht ändern. Union und SPD haben jüngst erneut bekräftigt, am Abschmelzmodell festzuhalten.

Rita Wogener: "Die Voraussetzungen müssen alle über die Zeit hinweg erfüllt sein, denn der Entwurf sagt ganz klar, dass die Süßigkeiten nur verteilt werden, wenn der Betrieb des begünstigten Vermögens in einem nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichbaren Umfang fortgeführt wird". Und Wogener weiter: "Das bedeutet de facto, dass der Betrieb nach dem Umsatz, dem Auftragsvolumen, dem Betriebsvermögen und der Anzahl der Arbeitnehmer vergleichbar weitergeführt wird". Das sind Orientierungsgrößen, die aufgrund wirtschaftlicher Unwägbarkeiten in der Realität jenseits politischer Wunschvorstellungen kaum erfüllt werden können. Das betrifft nicht nur den Todesfall des Altunternehmers, sondern auch die vorweggenommene Erbfolge im Zuge einer geregelten Unternehmensnachfolge.

"Der Unternehmer kann diese hochgesteckten Voraussetzungen niemals steuern", so Wogener. Und das führt im Ergebnis zu reihenweise Konkursen mit Arbeitsplatzvernichtung, gerade beim Mittelstand, dem größten Arbeitgeber im Land. "Die Reformpläne zeugen wieder einmal von der Unfähigkeit der Politik, eine Sache stringent zu Ende zu denken". Denn wenn beim Unternehmen ein bedeutender Auftraggeber wegfällt, oder sich wesentliche Umsatzeinbrüche ergeben, werden immer Mitarbeiter entlassen. Damit ist die Voraussetzung für die Begünstigung nicht mehr gegeben und die Erbschaftsteuer ist fällig. Und zwar sofort.

Fehlende Planbarkeit der Unternehmen
Das Fazit der Steuerberaterin ist vernichtend: "Die Crux an der Reform ist die unmögliche Planbarkeit. Der kluge Unternehmer muss auf jeden Fall Vorsorge treffen und das heißt, Kapital für die Eventualität einer vorzeitigen Steuerfälligkeit binden, das er nicht in das Unternehmen investieren kann".

Weitere Fallstricke lauern in der Definition "produktiv", so Wogener. Denn produktiv ist nach dem Gesetzentwurf nur Betriebsvermögen innerhalb der EU. Weiter können Kleinunternehmer nur einen geringen Teil als produktives Vermögen bestimmen, sie müssten sogar höhere Erbschaftsteuer bezahlen als heute. Gerhard Stratthaus (CDU), Finanzminister von Baden-Württemberg stellt dazu klar fest: "Berechnungen in meinem Ministerium zeigen, dass Erben von kleinen Betrieben bis zu einem Vermögen von einer Million Euro mit dem Abschmelzmodell schlechter gestellt werden als heute". Steuerexpertin Wogener kontert: "So pauschal kann man das nicht stehen lassen. Denn Geldbestände und Bankguthaben, die jeder Unternehmer zur Geschäftsführung braucht und auch Forderungen an Kunden als Ausfluss aus der Geschäftstätigkeit werden sofort versteuert. Das bedeutet, die Liquidität, die im Betrieb verbleibt, wird generell fiskalisch bestraft". Dies gilt für große wie kleine Unternehmen.

Wie der Praktiker an der Front hält der Heidelberger Steuerrechtler Paul Kirchhoff den Kabinettsentwurf für kaum vereinbar mit dem Grundgesetz. "Die bisher geplante Ausgestaltung dieses Modells dürfte vor der Verfassung keinen Bestand haben", betonte er auf dem dritten Unternehmensnachfolgetag der Universität Mannheim. Die geplanten Regelungen zur Fortführung von Unternehmen und zu den dabei nicht begünstigten Wirtschaftsgütern bedeuten "verfassungsrechtliche Finsternis", warnte Kirchhoff.

Eine traurige Bilanz dilettantischer Politik. "Ein verfassungswidriges Gesetz wird durch ein neues verfassungswidriges Gesetz ersetzt", so Wogener.

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E-Mail: wogener@wmb-steuer.com

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