"Weltatlas der Sprachstrukturen" erschienen
Wissenschaftler präsentieren Dokumentation der globalen Sprachenvielfalt
München/Leipzig (pte011/01.08.2005/10:41) Forscher des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie http://www.eva.mpg.de haben einen "Weltatlas der Sprachstrukturen" erstellt. Das Werk zeigt auf 142 farbigen Weltkarten die geografische Verteilung von sprachlichen Strukturvariablen. Mit dem Sprachatlas erscheint auch eine interaktive CD-ROM, mit deren Hilfe der Benutzer eine Vielzahl von Hypothesen überprüfen und eigene Karten generieren kann. Schon jetzt zeichnet sich eine überraschende Erkenntnis ab: Strukturmerkmale sind viel stärker geografisch bedingt als bisher angenommen, berichtet die Max-Planck-Gesellschaft http://www.mpg.de .
Von den etwa 7.000 derzeit noch gesprochenen Sprachen sind 2.560 im Weltatlas vertreten, allerdings pro Weltkarte "nur" durchschnittlich 400. Das liegt daran, dass nur ein paar hundert Sprachen wirklich gut beschrieben sind, während die Wissenschaft von den übrigen bisher nur fragmentarische oder gar keine Kenntnisse hat. Für das Werk wurden 6.800 Quellen von einem 50-köpfigen Autorenteam unter der Leitung von Martin Haspelmath, David Gil und Bernard Comrie ausgewertet. Auf den Karten des Atlasses herrscht Gleichberechtigung: Jede Sprache, egal wie viele Sprecher sie hat, wird durch ein Kreissymbol dargestellt. Für die Sprachwissenschaftler sind kleine, zum baldigen Aussterben verurteilte Sprachen ebenso interessant wie die großen Nationalsprachen.
Die Karten des Weltatlasses zeigen nun deutlich, dass die Struktureigenschaften weitgehend geografisch homogen sind, das heißt, dass Sprachen viele Gemeinsamkeiten mit benachbarten Sprachen haben, die nicht unbedingt mit ihnen verwandt sind. So zeigt etwa das Hindi, das mit den germanischen, romanischen und slawischen Sprachen in Europa verwandt ist - alle gehen auf eine indoeuropäische Ursprache zurück, die vor etwa 6.000 Jahren gesprochen wurde - frappierende Ähnlichkeiten mit dem (nicht verwandten) Tamil und anderen Sprachen der dravidischen Sprachfamilie in Südindien. Die Forscher gehen davon aus, dass solche Gemeinsamkeiten auf Übernahme von Strukturmustern aus benachbarten Sprachen beruhen müssen. Dass überall Wörter aus Nachbarsprachen entlehnt werden, ist seit langem hinlänglich bekannt, allerdings ist das Ausmaß der Grammatikentlehnung überraschend. Die Mechanismen solcher Entlehnungen sind noch nicht ausreichend bekannt und stellen eine Herausforderung für die zukünftige Forschung dar.
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