pte20000507002 in Leben

Mediaprint und Tiroler Tageszeitung im Dauerstreit

Vorläufiger Erfolg für Schlüssel-Verlag


Wien (pte002/07.05.2000/10:15) Der Streit zwischen der Mediaprint-Gruppe (Kurier und Kronenzeitung) und dem Schlüsselverlag (Tiroler Tageszeitung) geht in die nächste Runde. Das Oberlandesgericht Wien hat nun nach einem Bericht des neuen Hefts 2/00 von Medien & Recht http://www.medien-recht.com der Mediaprint aufgrund ihrer österreichweiten Marktführerschaft verboten, in Tirol Abos ihrer Zeitungen viel günstiger anzubieten als in anderen Bundesländern. Dem Urteil geht ein jahrelanger Rechtsstreit voraus. Die Mediaprint hat Rekurs gegen dieses Urteil eingelegt.

Die Tiroler Tageszeitung http://www.tirol.com/tt ist in Tirol das marktbeherrschende Printmedium mit einer Reichweite von 61,8 % (Media-Analyse). Diese Marktstellung verdankt sie u.a. auch einem hochentwickelten Hauszustellungssystem. Die Mediaprint hatte schon länger versucht, in diese Bastion einzudringen. Sie startete daher am 26. Mai 1999 die Hauszustellung und senkte gleichzeitig den Monats-Abonnementpreis (7-Tage) für die Neue Kronen Zeitung http://www.krone.at und Kurier http://www.kurier.at in Tirol und Vorarlberg auf je 165 Schilling und ab 1. August 1999 nochmals, und zwar auf je 99 Schilling. Gleichzeitig wurde für die Abonnements der Neuen Kronen Zeitung und des Kurier in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland eine Erhöhung von 210 auf 225 Schilling vorgenommen.

Der Schlüsselverlag revanchierte sich damit, dass er den Kampf nach Ostösterreich trug und ab der dritten Augustwoche 1999 in Wien, Niederösterreich und im Burgenland an alle Haushalte eine "Konsumenten-Information" als Flugblatt verteilen ließ. Darin wurden die Abo-Preise für ein Krone-Monatsabo in Tirol von 99 Schilling demjenigen in Wien von 225 Schilling gegenübergestellt und unübersehbar darauf hingewiesen, dass Krone-Abonnenten in Wien seit 1. August 1999 um 127 % mehr als in Tirol zahlen.

Die Mediaprint konterte sofort mit einem Antrag beim Handelsgericht Wien, dem Schlüsselverlag per Einstweiliger Verfügung eine solche Gegenüberstellung der Abo-Preise der Neuen Kronen Zeitung, wenn dadurch der Eindruck willkürlicher bzw überhöhter Preise entsteht, zu untersagen. Dem Antrag wurde mit Beschluss des HG Wien vom 4.10.1999 stattgegeben; allerdings hat das OLG Wien über Rekurs des Schlüsselverlags mit Beschluss vom 21.12.1999, die Entscheidung der Erstinstanz aufgehoben. Die Mediaprint hat gegen den Beschluss des OLG Wien Revisionsrekurs an den OGH erhoben. Ob die Begründung der Prüfung durch den OGH standhält, bleibt abzuwarten.

Gleichzeitig brachte der Schlüsselverlag gegen die Mediaprint, die Krone Verlag GmbH & Co KG und die Kurier Zeitungsverlag und Druckerei GmbH Antrag auf Einleitung eines Kartellverfahrens auf Untersagung des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung beim OLG Wien ein. Den Missbrauch erblickte er einerseits in der Kampfpreisunterbietung ("predatory pricing") in Tirol und andererseits in der Preisspaltung bzw der "Quersubventionierung" der Tiroler Abos durch höhere Abopreise in Ostösterreich, wodurch die Abonnenten in Wien, NÖ und Bgld missbräuchlich ausgebeutet würden.

Den Antragsgegnerinnen sollte aufgetragen werden, die Senkung der Abonnementpreise für die Neue Kronen Zeitung bzw Tiroler Krone bzw den Kurier in Tirol unter das vor dem 1.8.1999 geltende Preisniveau abzustellen und gleichzeitig die Erhöhung der Abonnementpreise für die Neue Kronen Zeitung bzw den Kurier in den Bundesländern Wien, Niederösterreich und Burgenland über das vor dem 1.8.1999 geltende Preisniveau rückgängig zu machen. Den Antragsstellern sollte aufgetragen werden, die Erhöhung der Abonnementpreise für die Neue Kronen Zeitung bzw. den Kurier in den Bundesländern Wien, Niederösterreich und Burgenland über das vor dem 1.8.1999 geltende Preisniveau abzustellen, solange die Abo-Preise für die Neue Kronen Zeitung bzw Tiroler Krone bzw den Kurier in Tirol unter das vor dem 1.8.1999 geltende Preisniveau abgesenkt bleiben. Zur Sicherung des Anspruchs auf Untersagung des Miss-brauchs einer marktbeherrschenden Stellung wurde die Erlassung einer einstweiligen Verfügung beantragt.

Mit Beschluss vom 29.2.2000 gab das OLG Wien dem Antrag auf Erlassung der Einstweiligen Verfügung statt und verbot der Mediaprint als Zweitantragsgegnerin, bis zur rechtskräftigen Beendigung dieses Hauptverfahrens, Preisherabsetzungen von Abonnements der Neuen Kronen Zeitung bzw. der Tiroler Krone bzw des Kurier für das Verbreitungsgebiet des Bundeslandes Tirol durchzuführen oder anzukündigen, wenn dadurch die Differenz zu den Abonnentenpreisen der Neuen Kronen Zeitung bzw. des Kurier in den anderen Bundesländern 27 % (Preisrelation zwischen TT- und Krone-Abo vor dem 1.8.1999) übersteigt. Die Mediaprint hat gegen diesen Beschluss Rekurs an den OGH erhoben.

Eine Tirolausgabe des Kurier besteht seit Anfang der Achtzigerjahre. Die Neue Kronen Zeitung ist seit Juli 1992 mit einer eigenen Tiroler Mutationsausgabe am Markt. Die Reichweiten von Neue Kronen Zeitung und Kurier am Tiroler Markt waren allerdings mit 24,3 % bzw 9,9 % (Werte 1999) für die Mediaprint-Gruppe unbefriedigend geblieben. Nach eigenen Angaben hat die Mediaprint 1998 nur 6,7 Mio Schilling aus regionalen Tiroler Anzeigen eingenommen, was weniger als 2 % der Anzeigeneinnahmen der Tiroler Tageszeitung ausmache. Für Neue Kronen Zeitung und Kurier bestanden schon damals regional unterschiedliche Abonnementpreise. So kostete - vor Aktionsbeginn am 26. Mai 1999 - ein Monats-Abonnement der Kronenzeitung (7-Tage) in Tirol und Vorarlberg 195 Schilling, in der Steiermark und in Kärnten 208 Schilling, sonst 210 Schilling.

Die Preise für das Kurier-Abonnement betrugen in Tirol und Vorarlberg 195 Schilling, in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland 225 Schilling, in der Steiermark und in Kärnten 208 Schilling, in Oberösterreich und Salzburg 210 Schilling. Nach Angaben der Tiroler Tageszeitung bot die Mediaprint in Tirol seit 13.8.1999 darüber hinaus eine nochmals verbilligte Abonnementversion an, bei der der Abonnent für die Abnahme eines Einjahres-Abonnements Warengutscheine, eine Autobahnvignette sowie Elektrogeräte erhielt, wodurch sich der Abonnementpreis rechnerisch weiter reduzierte. Allerdings bot auch die Tiroler Tageszeitung zu diesem Zeitpunkt bei Gründung eines neuen Hausstandes in Tirol ein "Willkommens-Jahresabo" um 100 Schilling an, das nach Ablauf eines Jahres automatisch in ein Abonnement zum Normalpreis überging. Es wurden angeblich jährlich rund 200 Abonnements zu diesem "Willkommens-Preis" abgegeben. (medien-recht)

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