Kokainsucht lässt das Gehirn schneller altern
Zellen im Brodmann-Areal 9 erscheinen laut wissenschaftlicher Erhebung biologisch gereifter
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Wahrnehmung: Gehirn verändert sich im Zuge von Kokainkonsum (Foto: pixabay.com, Gerd Altmann) |
Mannheim (pte018/14.02.2023/10:30)
Kokainabhängigkeit verändert mit dem Methyloms eine Subregion innerhalb des präfrontalen Kortex - genau genommen das Brodmann-Areal 9. Das Gehirn altert dadurch schneller, wie eine Studie des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in Kooperation mit kanadischen Forschern zeigt. Das Brodmann-Areal 9 wird mit dem Selbstbewusstsein und der inhibitorischen Kontrolle in Zusammenhang gebracht. Ein größeres Ausmaß an DNA-Methylierung führt zum Herunterfahren nahegelegener Gene. Laut Erstautor Eric Poisel könnte dies zur funktionellen Veränderung des Gehirns als Reaktion auf das Suchtgift führen.
42 Gehirne untersucht
Da die Untersuchung des Methyloms invasiv ist, wurde die Studie an den kryokonservierten Gehirnen von 42 verstorbenen Spendern durchgeführt. Die eine Hälfte war kokainabhängig, die andere nicht betroffen. Das ist laut den Forschern von Bedeutung, da die meisten früheren Studien in diesem Bereich an den Gehirnen von Ratten durchgeführt wurden. Die Gehirnzellen von Kokainsüchtigen altern daher schneller. Die Forscher fanden Belege dafür, dass Zellen in dem Brodmann-Areal 9 bei den betroffenen Drogenkonsumenten biologisch "älter" erscheinen. Details wurden in "Frontiers in Psychiatry" publiziert.
Das Team hat Muster der DNA-Methylierung als Maßstab für das biologische Alter von Zellen im Brodmann-Areal 9 genutzt. Das biologische Alter von Zellen, Gewebe und Organen kann höher oder geringer sein als das chronologische Alter. Das findet in Abhängigkeit von Faktoren wie Ernährung, Lebensstil, Belastung durch Krankheit oder schädliche Umweltfaktoren statt. Wissenschaftler können daher das biologische Alter mittels festgelegter mathematischer Algorithmen aus Methylom-Daten schätzen. Der leitenden Forscherin Stephanie Witt nach könnten für die verstärkte Alterung der Gehirnzellen bei Süchtigen Vorgänge im Gehirn wie Entzündungen oder Zelltod verantwortlich sein.
Methylierung im Genom
Die Forscher haben auch die Unterschiede im Ausmaß der Methylierung bei 654.448 Stellen im menschlichen Genom untersucht. Sie suchten auch nach Zusammenhängen mit vorhandener oder fehlender Kokainabhängigkeit im Leben jedes Spenders. Unterschiede im Alter der Spender, die seit dem Tod vergangene Zeit, der pH-Wert des Gehirns und weitere Krankheiten wie depressive Störungen oder Alkoholkrankheit wurden berücksichtigt.
Das Team fand 17 genomische Regionen, die bei Spendern mit einer Kokainabhängigkeit stärker methyliert waren. Drei zusätzliche Regionen konnten nachgewiesen werden, die bei einer Kokainabhängigkeit schwächer methyliert waren. Laut Poisel waren die Forscher überrascht, dass die Veränderungen in der DNA-Methylierung besonders bei Genen ausgeprägt waren, die die Aktivität von Neuronen und ihre Konnektivität regulieren. Eine unterschiedliche DNA-Methylierung stand mit einigen Transkriptionsfaktoren und Proteinen mit DNA-Bindungsdomänen in Zusammenhang. Das weist auf direkte Auswirkungen dieser Veränderung auf die Genexpression hin.
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