pte20200625023 Forschung/Entwicklung, Medizin/Wellness

Immunreaktion im Gehirn erhöht Suchtrisiko

Abwehrzellen werden aktiviert und führen zu einer erhöhten Diffusion von Botenstoffen


Im Alkohol gefangen: Gehirn verstärkt Sucht (Foto: pixabay.com, SarahRichterArt)
Im Alkohol gefangen: Gehirn verstärkt Sucht (Foto: pixabay.com, SarahRichterArt)

Mannheim (pte023/25.06.2020/13:30) Andauernder Alkoholkonsum aktiviert hirneigene Abwehrzellen, sogenannte Mikroglia, was zu einer erhöhten Diffusion von Botenstoffen zwischen den Nervenzellen führt. Zu diesem Ergebnis kommt ein internationales Forscher-Team unter Beteiligung des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit (ZI) http://zi-mannheim.de . Das Gehirn passt sich an den Alkoholkonsum an und befördert eine Suchtentwicklung. Details wurden in "Science Advances" publiziert.

Veränderte graue Substanz

Die Forscher kommen im Zuge ihrer Tests zu dem Schluss, dass Alkohol sowohl beim Menschen als auch bei Versuchstieren in der grauen Hirnsubstanz die Form und Struktur des Extrazellularraumes (EZR) verändert. Sie führen dies auf die Aktivierung von spezifischen Immunzellen des Gehirns (Mikroglia) zurück. Der EZR besteht aus Hohlräumen und Kanälen, die sich zwischen Nerven- und Gliazellen sowie deren vielen Fortsätzen bilden. Der EZR ist mit Flüssigkeit gefüllt. Dort zirkulieren Substanzen, die für physiologische Prozesse nötig sind.

"Nach chronischer Alkoholexposition reagieren die Immunzellen des Gehirns, sie schrumpfen und ziehen ihr dichtes Geflecht aus Fortsätzen zurück. Durch den Wegfall von Barrieren ändert sich die Geometrie des EZR und es ergeben sich neue Diffusionswege. Viele Botenstoffe, wie zum Beispiel das für das Belohnungslernen wichtige Dopamin, verteilen sich über das Volumen des EZR. Die erhöhte Diffusion kann ihre Aktivität deutlich beeinflussen", so der beteiligte Forscher Santiago Canals vom Instituto de Neurosciencias in Alicante.

Volumentransmission steigt

Ist die Diffusion im EZR erhöht, dann steigt auch die sogenannte Volumentransmission. Diese ist eine besondere Art der Signalübertragung im Gehirn. Sie unterscheidet sich von der üblichen Punkt-zu-Punkt-Kommunikation über Synapsen durch das gleichzeitige Erreichen vieler Kommunikationselemente über die in den EZR freigesetzten Neurotransmitter. "Erhöhte Diffusion im EZR und Volumentransmission mögen als sehr unspezifische Wirkmechanismen für eine Droge erscheinen. Dadurch werden aber eine Vielzahl von Kommunikationsprozessen im Gehirn beeinflusst", verdeutlicht ZI-Forscher Wolfgang Sommer abschließend.

(Ende)
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