pts20080527005 Medizin/Wellness, Politik/Recht

Gesundheitsreform oder Sterbehilfe

Patientenverein fordert Nachbesserungen


Wien/Linz/Innsbruck (pts005/27.05.2008/08:00) Der Bundesobmann des Vereins Krebspatienten für Krebspatienten, Netzwerk Onkologischer Selbsthilfegruppen, ist enttäuscht über den Entwurf zur Gesundheitsreform. "Ohne Einbindung der Betroffenen, der Ärzteschaft und Patienten, war dieses Papier von vorne herein zum Scheitern verurteilt! Diese Gesundheitsreform wird auf dem Rücken der Patienten ausgetragen - wie auch anders, uns vertritt ja niemand! Wirtschaftskammer und Gewerkschaft zeigen ihre üblichen Spielchen, wo es nur um Macht und Einfluss, nicht aber um Kranke geht", so Dietmar Erlacher.

Menschen mit Erkrankungen wie Krebs, Herz/Kreislauf, Diabetes, Arthritis, Rheuma, Allergien, Depressionen, Hauterkrankungen, etc. und viele Behinderte spüren bereits die kommende Zerstörung des Vertrauensverhältnisses Arzt-Patient. Eine "Ausnahme" bei chronisch Kranken ist eine große Unbekannte. Zudem, wer definiert dies? Wie wenige Nichtchroniker bleiben dann noch übrig? Aufwand und Aufregungen somit unnötig.

Daher:

1. Keine Einführung der Besucherquittung! Das ist ein Aufblähen unnützer Bürokratie. Wenn der Arzt nur 30.- Euro im Quartal bekommt, dann gibt es nach dem zweiten Besuch Nulleuro-Belege. Wozu das, fragt Werner, vom Vorstand des Vereins Krebspatienten für Krebspatienten. Muss ich mir künftighin die notwendigen Injektionen selbst spritzen, damit ich mein Zeitbudget beim Arzt behalte? Wird mich mein Arzt kündigen oder künftig sofort in die Klinik überweisen, da er nach 5 Jahren von der Kasse entlassen werden könnte. Anm.: Die Spitalsärzte haben sich vorsorglich der Streikdrohung schon angeschlossen.
"Mein Hausarzt hat pro Tag rund 110 Patienten, also ca. 6.500 im Quartal, zuzüglich Hausbesuche. 2 (Zwei!) Ordinationstage vergeudet er künftig mit dem Ausstellen dieser Quittungen, die wir Patienten so wie so nicht brauchen oder wollen! Außerdem bekommen wir jährlich die völlig ausreichende Abrechnung über ärztliche Leistungen. Die Gefahr, dass mit diesen Nulleuro-Quittungen chronische und ältere Patienten, verunsichert werden, ist sehr groß", sagt Dietmar Erlacher als Mehrfachtumorpatient.

2. "Das Medikament soll weiterhin mein Arzt für mich bestimmen! Schließlich kennt er mich und meine Krankheiten, egal ob chronisch oder nicht, wie kein zweiter, einschließlich evtl. Allergien und Unverträglichkeiten auf Hilfs- und Füllstoffe. Mein Arzt hat sicher eine mindest gleich gute Ausbildung zur Verschreibung des preiswertesten Medikaments hat, als ein noch so ehrenwerter Apotheker, bzw. eine Apothekerhelferin", meint Christa nach der Brustkrebsdiagnose vor 3 Monaten.
Wenn die Apotheke einem Kranken ein anderes Medikament gibt als bisher der Arzt, dann ist der Ärger vorprogrammiert: Zurück zum Hausarzt, Ordination schon geschlossen, zu einen anderen Arzt, der kennt den Patienten zu wenig, am nächsten Tag wieder zum Arzt, und nochmals zur Apotheke, ist Melanie enttäuscht von der "Reform"!
Und der Unternehmer Dietmar Erlacher weiter: "Volkswirtschaftlicher Schaden durch den Arbeitnehmer wird gigantisch, Ersparnis durch Reform vielleicht eine dicke Null oder ein großes Minus! Durch Selbstaufzahlung kann man auch das bisherige Medikament bekommen, stand zu lesen. Sicher, die private Krankenversicherung ersetzt es auch. Halali zur Fortsetzung der angeblich nicht vorhandenen 2-Klassen-Medizin!"
Auch gibt es Medikamente, die wir oder ein Kind oder ein Pensionist etwa wegen Geschmack oder Schluckbeschwerden nicht so gerne einnehmen. Wie soll damit der Apotheker mit irgendeinem Generikum zu Recht kommen? Therapieabbruch und teure Folgekosten sind vorprogrammiert.
Hinweis: Eine neue Studie belegt, dass 5 Prozent aller Klinikeinweisungen die Folge von Arzneimittelreaktionen sind und bei 3,1 % der untersuchten Fälle lag eine tödliche Arzneimittelnebenwirkung vor.

3. Teure Medikamente? Dem kann sofort Abhilfe geschaffen werden: Weg mit der 20 % Luxus-Mwst, denn in vielen Staaten gibt es gar keine auf Medikamente, z. B. Großbritannien und Schweden, in der Schweiz nur 2,4 %, in Holland und Belgien 6 %.
"Die Medikamentenpreise in Österreich sind unter dem EU-Durchschnitt, und auch die Industriepreise für Medikamente liegen fast 20 % darunter", weiß Egon, von der Selbsthilfegruppe Krebspatienten. "Und eigentlich sollte der Patient von der Rezeptgebühr befreit werden, wenn er Generika bekommt!"

4. Hohe Gesundheitskosten?
Komplementärmedizin ist gefragter denn je. Ein Beispiel: Der Hauptverband und auch der WGKK-Obmann Franz Bittner haben per 1. April 2006 (Aprilscherz?) die Misteltherapie für Krebspatienten frei gegeben. Prof. Auerbach, Leiter der Komplementärmedizinischen Abteilung am AKH, zitierte dabei zig erfolgreiche Studien. Die Länder aber lehnen die günstige Kostenübernahme ab, mit: "Wir sind autonom!" Zahlen die Arbeitgeber und Kassen lieber doppelt so lange Krankenstände und ewig teure Psychotherapien und Psychopharmaka?

5. Einsparungen gefällig?
Würde man die Patientenvertreter mit den Anregungen in die Gesundheitsreform einbinden, wäre eine Senkung der staatlichen Kosten des Gesundheitssystems sicher. Notwendig sind aber auch mehr Unterstützungen für die Selbsthilfegruppen, medial und finanziell (in Deutschland 0,55 Euro/Versicherter!).
Beispiele:
Warum werden oft um 15 Uhr die millionenteuren Tomographen abgeschalten, und die Patienten auf den freien, privaten Markt verwiesen?
Mehr Kontrollen und Einsparungen in den Spitälern: Konzept für den überfälligen Abbau an Spitalsbetten, wo z. B. im SMZ-Ost am Freitagabend eine ganze Station zu nicht einmal 50 % belegt war, bei vollem Personalstand. Die Reduktion des Spitalsbereichs in Richtung EU-Norm soll vorangetrieben werden.
Schluss mit der 2-Klassen-Medizin: einheitliche Leistungen und Kosten für alle, bei Ärzten und in Krankenhäusern vom Boden- bis zum Neusiedlersee.
Gemeindeeigene Spitäler müssen, wie andere auch, endlich wirtschaftlich(er) geführt werden, durch Inangriffnahme von Verbesserungspotenziale.
Einführung eines Lehrstuhles zur Komplementärmedizin, wie es in vielen europäischen Staaten längst üblich ist, zumindest in Wien und Innsbruck. In anderen europ. Staaten ist dies seit vielen Jahren gegeben und Behandlungen dadurch wesentlich kostengünstiger geworden.
Stärkung des ambulanten Bereiches der niedergelassenen Ärzteschaft nicht mit Bürokratismus, sondern zuerst einmal mit adäquater Entlohnung und dann durch neue Aufgaben - dies auch zur Entlastung der Spitäler.
AKH-Wien: Ende des Geschlechterkampfes auf der Komplementärmedizinischen Abteilung und Beratung auch wieder von Männern! Mit begleitenden Maßnahmen waren die Heilungschancen bei Krebs früher deutlich besser.

Ein großes Anliegen ist dem Verein Krebspatienten für Krebspatienten, http://www.krebspatient.at der Aufbau und Ausbau der Präventivmedizin, im privaten und beruflichen Bereich, mit staatlichen Maßnahmen und mit Unterstützung der Selbsthilfegruppen zur Prävention. Das erspart Milliarden Euro und nicht nur Millionen.
Beispiel:
Die weitläufige Gesundheitsgefahr durch das Rauchen ist immens hoch, wird nur verschwiegen. Jeder zehnte starke Raucher - den Passivraucher betrifft dies auch - hat bereits Blasenkrebs. Mann/Frau sieht kein Blut im Urin, aber der Krebs ist da! Bei einer Latenzzeit von rund 15 Jahren ist der Krebs oft muskelinvasiv bzw. organübergreifend und der Patient nach der Operation meist ein Pflegefall oder im Sterbebett. Und das mit 50 Jahren und früher.
Frage: Welcher Arbeitsmediziner schaut wegen Blasenkrebs bei Lackierer, Dachdecker, Asphaltierer, Tischler, Kunststofftechniker, Chemiker, Berufsautofahrer etc. nach? Ein Blasenkrebs-Screening ist so einfach, schmerzlos und kostengünstig, wie das jetzige Ergebnis der Univ. Klinik Innsbruck beweist. Der volkswirtschaftliche Schaden von Krebspatienten durch Minderleistung oder Frühpension aber ist gigantisch, und das stetig steigend.
Daher wünschen wir bei der Gesundheitsreform mehr und bessere Prävention, und ein "Seinlassen der Kirche im Dorf" bei der Patientenquittung und Rezeptverschreibung, sagt Obmann Dietmar Erlacher.

(Ende)
Aussender: Krebspatienten für Krebspatienten
Ansprechpartner: Dietmar Erlacher
Tel.: 06505772395
E-Mail: kontakt@krebspatient.at
|