pte20240521003 Politik/Recht, Produkte/Innovationen

Forscher messen die Objektivität von Medien

Methode der Universität Amsterdam und University of California San Diego für totalitäre Staaten


Zeitungen: Redaktionelle Unfreiheit lässt sich messen (Foto: Günter, pixabay.com)
Zeitungen: Redaktionelle Unfreiheit lässt sich messen (Foto: Günter, pixabay.com)

Amsterdam/San Diego (pte003/21.05.2024/06:05)

Die Objektivität von Medien in Ländern mit zentralistischer oder gar autokratischer Herrschaft lässt sich dank Forschern um Gijs Schumacher von der Universität Amsterdam und Hennes-Michel Barnehl von der University of California San Diego messen. Ihre Berechnungsmethode funktioniert laut eigenen Angaben, ohne dass Experten die Inhalte der Informationen überprüfen müssen, die Medien verbreiten.

Veränderung des Tonfalls

Die Forscher haben den Tonfall unabhängiger und regierungseigener Medien im Laufe der Zeit miteinander verglichen. "Agenda und Tonfall sind zwei entscheidende Komponenten, die Autokraten zu beeinflussen versuchen, um Themen hervorzuheben, die ihrem Ansehen förderlich sind, und um einen positiven Tonfall bei der Erwähnung des Regimes und insbesondere seines Führers zu erzwingen", erklären die Autoren.

Durch diesen Vergleich werde der Verlust der redaktionellen Unabhängigkeit einzelner Medien auf monatlicher oder sogar wöchentlicher Basis sichtbar gemacht. Dabei werde berücksichtigt, dass der Prozess der Vereinnahmung der Medien oft nicht gleichmäßig über die gesamte Medienlandschaft verläuft. Während einige Medien noch unabhängig sind, seien andere, etwa im Besitz des Staates, der Regierungspartei, der Familie oder von Verbündeten des Staatschefs, bereits vollständig vereinnahmt.

Test an Medien in Nicaragua

Die meisten autokratischen Regime üben die Kontrolle heute durch den Einsatz rechtlicher, wirtschaftlicher und physischer Maßnahmen aus, um die redaktionellen Entscheidungen sowohl der öffentlichen als auch der privaten Medien zu ihren Gunsten zu beeinflussen, sagen die Experten. Beispiele seien Russland, die Türkei, Ungarn und Nicaragua.

Um die Methode zu testen, haben die Autoren diese auf Nicaragua angewendet, wo das Regime in den vergangenen Jahren intensiv gegen den Mediensektor vorgegangen ist. "Das Land war ein idealer Kandidat, da sich die Medienfreiheit dort in den letzten zehn Jahren stark verschlechtert hat und die Angriffe des Regimes auf oppositionelle Medien gut dokumentiert sind", so die Autoren.

Mit ihrer Methode konnten sie zeigen, wie unterschiedlich die Medien auf den Druck des Regimes reagierten. "Wir fanden deutliche Unterschiede in der Agenda und im Tonfall zwischen den regierungseigenen und den oppositionellen Medien. Während und nach dem harten Vorgehen des Regimes gegen die Medien verlegten sich die unabhängigen Medien von einer kritischeren Haltung auf eine Annäherung an die Präferenzen des Regimes in Bezug auf Ton und Programm."

(Ende)
Aussender: pressetext.redaktion
Ansprechpartner: Wolfgang Kempkens
Tel.: +43-1-81140-300
E-Mail: kempkens@pressetext.com
Website: www.pressetext.com
|