pte20201029023 Forschung/Entwicklung, Umwelt/Energie

Käferlarven denken mit Gehirn im Rohbau

"Zentralkomplex" zur Orientierung in der Umwelt arbeitet, obwohl er noch nicht ausgereift ist


Forscher untersuchen Roten Mehlkäfer Tribolium castaneum (Foto: Gregor Bucher)
Forscher untersuchen Roten Mehlkäfer Tribolium castaneum (Foto: Gregor Bucher)

Göttingen (pte023/29.10.2020/13:30) Käferlarven des Roten Mehlkäfers Tribolium castaneum nutzen ihr Gehirn, obwohl es noch eine Baustelle ist. Laut Forschern der Universität Göttingen http://uni-goettingen.de arbeitet der sogenannte "Zentralkomplex", eine Struktur im Gehirn, die Insekten für ihre Orientierung in der Umwelt benötigen, obwohl er noch nicht so ausgereift ist wie im erwachsenen Tier. Details sind in "PLOS Biology" nachzulesen.

Neue Facette der Evolution

Die Struktur entspricht eher einem embryonalen Entwicklungsstadium, das man von anderen Insekten kennt, so die Göttinger Wissenschaftler. Der Unterschied liege darin, dass in der Käferlarve die Nervenzellen dieser Hirn-Baustelle bereits Verbindungen eingehen, womit sich die Larve vermutlich in ihrer Umgebung orientiert. "Ich hatte erwartet, eine Miniatur-Ausgabe des erwachsenen Zentralkomplexes zu finden - aber nicht, dass eine Baustelle anfängt zu arbeiten", so Erstautor Max Farnworth.

Auch fanden die Biologen heraus, dass sich im Käfer die Reihenfolge der Entwicklungsschritte des Gehirns verändert hatte. Bisher dachte man, dass die Entwicklungsschritte immer in der gleichen Reihenfolge ablaufen und sich lediglich der Zeitpunkt verschieben kann, zu dem der Schritt abläuft. Im Embryo des Käfers wurden jedoch manche Entwicklungsschritte vorgezogen - zum Beispiel die Ausbildung von Überkreuzungen der Nervenzellen und die Ausbildung von Synapsen, während andere Schritte, wie in der Fliege, später stattfanden.

Hirnentwicklung sehr variabel

"Wir haben das erste Beispiel einer Veränderung der Entwicklungs-Reihenfolge im Gehirn entdeckt, eine sogenannte Sequenz-Heterochronie", unterstreicht Letztautor Gregor Bucher und ergänzt: "Die Entwicklung der Gehirne ist wohl wesentlich variabler, als wir uns das vorstellen konnten. Das könnte erklären, wie Insekten ihre Gehirne so vielfältig an die Anforderungen der Umwelt anpassen konnten", meint der Leiter der Abteilung Evolutionäre Entwicklungsgenetik.

(Ende)
Aussender: pressetext.redaktion
Ansprechpartner: Florian Fügemann
Tel.: +43-1-81140-313
E-Mail: fuegemann@pressetext.com
Website: www.pressetext.com
|