pte20180926024 Medizin/Wellness, Forschung/Entwicklung

Gehirn-Marker zeigt Aggression bei Kindern

Wissenschaftler erhoffen sich eine exakte Diagnose noch vor einer Verfestigung des Verhaltens


Kleinkind: Forscher testen Aggressionspotenzial (Foto: Tim Schoon, uiowa.edu)
Kleinkind: Forscher testen Aggressionspotenzial (Foto: Tim Schoon, uiowa.edu)

Iowa City (pte024/26.09.2018/10:30) Ein Kind neckt das andere. Es meint die Neckereien spielerisch, das andere Kind sieht sie jedoch als feindselig an und reagiert aggressiv. Ein derartiges Verhalten ist bei Heranwachsenden weitverbreitet. Die Ursachen für eine neutrale oder aggressive Reaktion blieben bis jetzt jedoch im Dunkeln. Eine Studie unter der Leitung der University of Iowa http://uiowa.edu hat jetzt einen Marker im Gehirn identifiziert, der mit Aggressionen bei Kleinkindern in Zusammenhang steht.

P3-Welle gibt Aufschluss

Bei Experimenten wurde ein Art von Gehirnwellen bei Kindern zwischen 2,5 und 3,5 Jahren gemessen. Kinder, die über kleinere Ausschläge bei den Gehirnwellen P3 verfügten, wenn sie mit einer veränderten Situation konfrontiert wurden, waren aggressiver als jene mit größeren Spitzen. Diese Ergebnisse könnten es ermöglichen, früher Kinder zu identifizieren, bei denen das Risiko eines aggressiven Verhaltens besteht. Damit ließen sich diese Impulse vor dem Erreichen der Pubertät eindämmen. In diesem Alter ist ein derartiges Verhalten laut Forschungsleiter Isaac Petersen bereits deutlich schwerer zu behandeln.

Laut Petersen werden Kinder durch die Umwelt mit zahlreichen zweideutigen sozialen Signalen konfrontiert. "Können Kinder eine Veränderung dieser Signale nicht erkennen, ist es wahrscheinlicher, dass sie diese fälschlicherweise als feindselig und nicht als spielerisch interpretieren." Kinder reagieren, so der klinische Psychologe, unterschiedlich auf die gleichen sozialen Signale. "Wir gehen davon aus, dass dafür die Unterschiede in der Interpretation dieser Signale verantwortlich sind", erklärt Petersen.

Die P3-Welle gehört zu einer ganzen Reihe von Gehirnwellen, die entstehen, wenn eine Person Veränderungen in der Umwelt bewertet und entsprechend auf sie reagiert. Dazu gehören unter anderem auch veränderte Signale in einer sozialen Interaktion. Frühere Studien, die vor allem mit Erwachsenen durchgeführt wurden, haben gezeigt, dass Personen, die mit geringeren Ausschlägen dieser Wellen auf Veränderungen der Umwelt reagieren, dazu neigen, aggressiver zu sein. Experten gehen daher davon aus, dass P3 bei Aggressionen ein Schlüsselindikator ist, der gleichzeitig aber auch mit Depressionen und Schizophrenie in Verbindung steht.

Tests mit 153 Kleinkindern

Um diese Unterschiede bei Kindern hervorzurufen, rekrutierten die Forscher 153 Kleinkinder. Sie wurden in Einzelsitzungen am Kopf mit einem Netz von Sensoren versehen. Sie maßen die Aktivität der Gehirnwellen. Im Raum waren dabei ständig Geräusche zu hören. Als sich die Kinder Zeichentrickfilme auf einem Fernseher ansahen, veränderte sich die Höhe der Töne. In der Folge maßen die Forscher die Werte von P3 bei jeder dieser Veränderungen.

Die Veränderung der Tonhöhe entspricht Veränderungen in einer sozialen Interaktion. Das Gehirn reagiert bewusst oder unbewusst auf Veränderungen in der Umwelt. Kinder, die mit geringeren Spitzen dieser Gehirnwellen auf eine Veränderung der Tonhöhe reagierten, wurden auch von ihren Eltern als aggressiver beschrieben. Laut Petersen waren die Unterschiede der Reaktionen der untersuchten Kinder statistisch signifikant. Sie traten bei Jungen und Mädchen gleichermaßen auf.

Das Team führte bei den gleichen Kindern im Alter von 30, 36 und 42 Monaten weitere Tests durch, um den Zusammenhang zwischen den P3-Wellen und Aggression näher zu erforschen. Laut Petersen ist dieser Gehirnmarker bei Kindern nicht gut erforscht. Er sei vor allem in der frühen Kindheit nie im Zusammenhang mit Aggressionen untersucht worden. Die aktuellen Forschungen seien von großer Bedeutung, da frühe Interventionen zur Behandlung von Aggressionen effektiver sind. Die Ergebnisse wurden in "Child Psychology and Psychiatry" veröffentlicht.

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