pte20180816017 Medizin/Wellness, Politik/Recht

Organspende: Widerspruchsregister problematisch

Forscher sprechen sich für Zustimmungslösung aus


Organspende: Zustimmungslösung besser (Foto: Tim Reckmann, pixelio.de)
Organspende: Zustimmungslösung besser (Foto: Tim Reckmann, pixelio.de)

London (pte017/16.08.2018/10:30) Eine Lösung mit Widerspruchsregister für Organspenden wird die Anzahl der Spenden laut einer Studie der Queen Mary University of London https://www.qmul.ac.uk wahrscheinlich nicht erhöhen. Die Forscher argumentieren, dass Spender sich aktiv dafür entscheiden sollten, in einem Register verzeichnet zu sein ("Opt in"). Eine solche Zustimmungslösung würde sicherstellen, dass sie ihre Organe wirklich spenden wollen. Damit würde auch die Anzahl der Familien reduziert, die eine Organspende Verstorbener ablehnen.

Familienentscheid als Knackpunkt

Bei einer Widerspruchslösung werden alle Menschen registriert und von der Zustimmung wird ausgegangen. Ist man dazu nicht bereit, muss man sich selbst austragen lassen. Eine Zustimmungslösung hingegen erfordert die ausdrückliche Zustimmung zur Organspende und weist auf das Bestehen einer Bereitschaft dazu hin. Die meisten Rechtssysteme enthalten bei beiden Varianten eine Klausel, die den Familienmitgliedern die endgültige Entscheidung über eine Organspende überlässt.

Die britische Regierung hat kürzlich Pläne zur Einführung einer Widerspruchslösung in England bis 2020 angekündigt. Die Forscher gehen jedoch davon aus, dass es dadurch zu einer Zweideutigkeit kommen und sich die Anzahl der familiären Einsprüche nicht verringern würde. Grund dafür sind Erkenntnisse aus aktuellen Experimenten.

Experimente liefern eindeutige Ergebnisse

Bei drei Experimenten wurden Teilnehmer aus den USA und Europa aus Ländern, die entweder über eine Widerspruchslösung oder Zustimmungslösung mit einer Möglichkeit zur Nichteinhaltung verfügen, mit einem fiktiven Szenario konfrontiert. Sie sollten die Rolle einer dritten Partei übernehmen, um zu beurteilen, wie groß die Wahrscheinlichkeit war, dass es wirklich der wahre Wunsch einer Person war, ihre Organe zu spenden. Dabei wurde davon ausgegangen, dass sie als Spender registriert waren.

Unabhängig vom Herkunftsland der Teilnehmer, wurde die wahrgenommene Präferenz einer Organspende insgesamt bei einer Zustimmungslösung und verpflichtenden Entscheidungen als stärker wahrgenommen. Laut Forschungsleiterin Magda Osman weist die freie Entscheidung einer Person auf ihre Präferenz hin. Fehlt diese eigene Entscheidung, können die Verwandten sich gegen die Organspende aussprechen, weil sie nicht sicher sagen können, was der Wunsch des Betroffenen gewesen wäre. Die Forschungsergebnisse wurden im "Journal of Experimental Psychology: Applied" veröffentlicht.

Langes Warten, viele Widersprüche

2017/18 warteten in Großbritannien 6.044 Personen auf ein Spenderorgan. In diesem Zeitraum starben 411 Patienten, während sie auf der Warteliste standen. Im gleichen Zeitraum warteten in den USA 114.000 Personen auf eine Organspende. Schätzungen gehen davon aus, dass 20 Menschen der Warteliste täglich sterben.

NHS Blood and Transplant https://www.nhsbt.nhs.uk berichtete 2016, dass sich mehr als 500 Familien seit April 2010 gegen eine Organspende aussprachen, obwohl sie darüber informiert wurden, dass ihre Verwandten ihre Zustimmung im NHS Organ Donation Register http://www.organdonation.nhs.uk gegeben hatten. In der Folge konnten laut Schätzungen bei 1.200 Personen möglicherweise lebensrettende Transplantationen nicht durchgeführt werden.

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