pte20111206020 Medien/Kommunikation, Politik/Recht

Experten zweifeln an Medientransparenzgesetz

Öffentliche Kommunikation in Österreich zu wenig professionell


Medienclub-Vorstand: Organisiert Podiumsdiskussionen (Foto: dermedienclub.at)
Medienclub-Vorstand: Organisiert Podiumsdiskussionen (Foto: dermedienclub.at)

Wien (pte020/06.12.2011/11:23) Im Rahmen einer Veranstaltung des MedienClubs http://www.dermedienclub.at hat gestern, Montag, ein hochkarätig besetztes Podium in Wien das neue österreichische Medientransparenzgesetz, das schon in Kürze in Kraft treten soll, diskutiert. Die Experten sind sich darin einig, dass die öffentliche Kommunikation in Österreich zu wenig professionell abläuft. Ob das neue Gesetz daran etwas ändern wird, bleibt ungewiss. "Dass das Gesetz funktioniert, ist eher eine stille Hoffnung. Wenn es wirklich etwas bewirken soll, müssen zusätzlich Kriterien und Mindeststandards festgelegt werden", sagt Peter Lammerhuber, Präsident der Interessensgemeinschaft der Mediaagenturen, im Beisein von pressetext.

Intransparentes System

Die Notwendigkeit für ein Transparenzgesetz erwächst aus dem intransparenten System zur Vergabe öffentlicher Kommunikationsaufträge. "Die öffentlichen Gelder, die für Einschaltungen an die Medien gehen, haben eine Größenordnung erreicht, die wettbewerbsverzerrend wirkt. Die Bevorzugung einzelner Medien und die undurchsichtige Vergabe der Mittel haben das Vertrauen bei Steuerzahlern und Medien erschüttert", erklärt Gerald Grünberger, Vorsitzender des Verbandes Österreichischer Zeitungen http://www.voez.at . Auch der Vorwurf von käuflichen redaktionellen Inhalten steht in diesem Zusammenhang im Raum.

"Bei uns kann man keine Berichterstattung kaufen. Die Vielfalt unserer Medien und deren bekannte Chefredakteure garantieren Unabhängigkeit. Dass das irgendwo möglich ist, kann ich nicht ausschließen", sagt Helmut Hanusch von der Verlagsgruppe News. Das neue Gesetz versucht jedenfalls solche Praktiken zu erschweren. "Das Gesetz hat viele gute Aspekte. Es gibt inhaltliche Kriterien für die Inseratenvergabe und eine Verpflichtung zur lückenlosen Auflistung ebenjener. Ein Foto- und Nennungsverbot für Staatsorgane soll für mehr Themen und weniger Politiker in den Einschaltungen sorgen", sagt Dieter Brosz, Mediensprecher der Grünen.

Teure Kontrolle

Die Kontrolle des neuen Mediengesetzes obliegt unter anderen der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR) http://www.rtr.at . "Wir müssen die Daten von 4.400 Unternehmen auswerten. Wir haben nicht die Mittel, jedes Inserat zu prüfen. Wir wollen die Rohdaten zugänglich machen, sodass jeder Experte etwas damit anfangen kann. Stichwort: Open Data", sagt RTR-Geschäftsführer Alfred Grinschgl.

Bevor das Gesetz in Kraft tritt, muss es erst noch durch den Bundesrat. Ob dieser noch Änderungen vornimmt, entscheidet sich noch im Dezember. Falls das Gesetz kommt, sind zukünftig alle Medien verpflichtet, ihre Eigentümerstruktur komplett offenzulegen. Dies betrifft vor allem die Gratiszeitung "Heute", deren Hintermänner, obwohl sie im Umfeld der Kronen Zeitung vermutet werden, nicht eindeutig identifizierbar sind.

Selbst wenn das Gesetz ohne Änderungen angenommen wird, gibt es noch Schlupflöcher für schwarze Schafe. Auch indirekte Parteienfinanzierung über gezielte Inanspruchnahme von Rabatten bleibt weiterhin möglich. Die Experten sind sich einig, dass eine Professionalisierung der öffentlichen Kommunikation der einfachste Weg zu einem transparenteren System ist. Kampagnen mit klarem Ziel und wohldefinierter Zielgruppe kommen einer breiteren Gruppe von Medien zugute und wirken Missbrauch entgegen.

(Ende)
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