pte20100222020 in Leben

Neue Behandlungsformen für Nervenleiden

Neurologen-Jahrestagung diskutiert aktuelle Ansätze des Faches


Ultraschall ist für Neurologen immer öfter eine Alternative zu MRT (Bild) (Foto: pixelio.de/Schütz)
Ultraschall ist für Neurologen immer öfter eine Alternative zu MRT (Bild) (Foto: pixelio.de/Schütz)

Wien (pte020/22.02.2010/12:35) Patienten mit Multipler Sklerose (MS) dürften in Europa in naher Zukunft mit der Freigabe neuer Therapien für ihre Behandlung rechnen. Das ist eines der Themen, mit denen sich die Jahrestagung der österreichischen Neurologen ÖGN http://www.oegn.at beschäftigt, die diese Woche in Linz stattfinden wird. Schon heute, Montag, gaben die Leiter der Tagung in einer Pressekonferenz Einblick in die inhaltlichen Höhepunkte der Veranstaltung. Dazu gehören weiters auch neue Erkenntnisse zu Gleichgewichtsstörungen, zum Einsatz von Ultraschall in der Neurologie und zur Migräne-Behandlung.

Neue MS-Präparate versprechen Erfolg

Erst seit Mitte der 90er Jahre gibt es mit den Wirkstoffen Beta-Interferon und Glatirameracetat Therapien, die MS-Patienten zu einer Reduzierung der Krankheitsschübe und somit zu einer Steigerung der Lebensqualität verhelfen. Wurde damals eine Verbesserung um ein Drittel erreicht, gelingt dem seit 2006 erhältlichen Antikörper Natalizumab, der in neurologischen Zentren per Infusion verabreicht wird, bei bestimmten Indikationen eine Schubreduktion um bis zu 80 Prozent. Verbunden ist damit allerdings ein erhöhtes Risiko für eine mitunter tödliche Gehirnerkrankung, die progressive multifokale Leukoenzephalopathie (PML), die laut Studien bei einem von 1.000 Fällen auftritt.

Um Zulassung angesucht wurde jedoch bereits für eine neue Generation von Präparaten, die oral eingenommen werden können. Es handelt sich um das bisher als Krebsmittel zugelassene Cladribin, das Verhalten und Zellteilung bestimmter weißer Blutkörperchen beeinflusst, die bei MS beteiligt sind, sowie Fingolimod. Beide haben bisher eine ähnlich hohe Erfolgsquote wie Natalizumab gezeigt, jedoch ohne dabei das PML-Risiko zu erhöhen (pressetext berichtete: http://www.pressetext.at/news/100121014/ ). "Wir hoffen, dass die Freigabe noch 2010 erfolgt", berichtet ÖGN-Präsident Michael Ackerl. Langzeitdaten über mögliche andere Nebenwirkungen der beiden neuen Mittel liegen allerdings noch nicht vor.

Register hält Nebenwirkungen unter Kontrolle

Um die Folgen neuer MS-Präparate zu kontrollieren, werden in Österreich seit Einführung von Natalizumab alle damit behandelten Patienten registriert. "Das Register nutzt nicht nur der Wissenschaft, sondern ermöglicht auch ein Frühwarnsystem, mit Hilfe dessen die behandelnden Ärzte erste Anzeichen von Nebenwirkungen erkennen und das Medikament im Bedarfsfall möglichst schnell absetzen könnten", berichtet Ackerl im pressetext-Interview. Wenngleich bei den 600 im Register aufgenommenen Patienten noch kein PML-Fall bekannt wurde, sei deren Sicherheitsgefühl dadurch erheblich gestiegen. Cladribin und Fingolimod sollen ab ihrer Freigabe ebenfalls ins Register aufgenommen werden.

Zweites Hauptthema der ÖGN-Jahrestagung sind Gleichgewichtsstörungen und Ataxien. "Bei diesen Erkrankungen gehorchen die Gliedmaßen nicht mehr den Befehlen des Gehirns, was sich etwa durch wackeliges Schriftbild, ausfahrende Bewegungen, Stürzen oder der Unfähigkeit des Geradehaltens des Rumpfes zeigt", erklärt der Linzer Neurologe und Kongresspräsident Gerhard Ransmayr. Bisher versucht man, die Symptome etwa durch die Vermittlung kognitiver Strategien für sicheres Gehen, durch Physiotherapie und Rehabilitation zu lindern. "Mitterweile gibt es bei bestimmten erblichen Ataxien Gen-orientierte Therapieversuche, die derzeit in Diskussion stehen", berichtet Ransmayr.

Neurologen entdecken Ultraschall für sich

Beim dritten Schwerpunkt geht es um die Ultraschalldiagnostik, die in der Neurologie zunehmende Beliebtheit erfährt. Erkannt werden können dadurch Nervenengpässe an der Peripherie, Entzündungen oder neurologische Gefäßerkrankungen. Vorteile bringt das etwa bei Parkinson, das von einer Zerstörung der Mittelhirn-Region "Substantia nigra" begleitet ist. "Per Ultraschall kann man Verdichtungen des Gewebes als frühes Anzeichen auf bestehende oder zukünftige Parkinson-Krankheit feststellen. Wird in Zukunft einmal eine präventive Therapie für Parkinson entwickelt, kann diese Frühdiagnose große Vorteile für Patienten bringen", berichtet Ransmayer.

An der Neurologentagung beteiligt sich auch die österreichische Kopfschmerzgesellschaft (ÖGKS) http://www.oeksg.at . Als Schwerpunkt präsentiert ÖGKS-Präsident Christian Lampl neue Therapieoptionen für chronische Migräne. "Neben den bisher erhältlichen Mitteln Aspirin und Triptane bieten die sogenannten CGRP(Calcitonin Gene Related Peptide)-Antagonisten eine viel versprechende Perspektive. Telcagepant - als das erste untersuchte Mittel aus dieser Gruppe - kann eine akute Migräneattacke genauso effektiv unterbrechen wie Rizatriptan. Da der neue Wirkstoff nicht wie bisher die Gefäße verengt, fallen bestimmte bisherige Nebenwirkungen weg", so Lampl. Ein Termin für die Einführung in Europa sei jedoch noch nicht bekannt.

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