Gewerkschaft: "System Schlecker muss geknackt werden"
Missstände bei Arbeitsbedingungen haben sich nur leicht verbessert
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Gewerkschaft erhebt schwere Arbeitsrechtsvorwürfe gegen Schlecker (Foto: schlecker.com) |
Wien (pte039/19.05.2009/13:50) Die Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA-djp) http://www.gpa-djp.at hat die Drogeriemarktkette Schlecker http://www.schlecker.com erneut wegen "zahlreicher Missstände und Unzulänglichkeiten" bei den Arbeitsbedingungen ihrer Filialangestellten gerügt. Während es erst gestern, Montag, zu deutschlandweiten Warnstreiks bei dem Einzelhändler gekommen ist, nehmen die Mitarbeiter-Beschwerden über widrige Verhältnisse in Österreich zu. "Wir arbeiten mit den deutschen Kollegen zusammen und sind uns bewusst, dass das System Schlecker geknackt werden muss", findet GPA-djp-Bundesgeschäftsführerin Dwora Stein im Gespräch mit pressetext deutliche Worte. Der deutschen Gewerkschaft ver.di zufolge plant der Konzern bis zu 4.000 Filialen zu schließen. Mit rund 12.000 Posten sei mehr als ein Drittel der Arbeitsplätze in Gefahr. In Österreich sei über Restrukturierungspläne hingegen derzeit nichts bekannt, da die Geschäftsführung den Dialog mit der Gewerkschaft verweigere.
Nach Angaben der GPA-djp haben sich die Arbeitsbedingungen für Schlecker-Angestellte in den vergangenen vier Jahren zwar leicht verbessert. Dennoch würden die Mitarbeiter mit steigender Tendenz von "schlimmen Zuständen im Unternehmen berichten". So gaben etwa 76 Prozent der Befragten an, nach Verlassen ihrer Filiale kontrolliert zu werden, selbst Handtaschen würden durchsucht. Dabei handle es sich um "klare Eingriffe in die Persönlichkeitssphäre" der Angestellten. Es scheine Teil der Unternehmenskultur zu sein, "die Beschäftigten grundsätzlich zu verdächtigen und unter Druck zu setzen". Darüber hinaus habe es Hinweise auf Videokontrollen gegeben, die bislang jedoch nicht verifiziert werden konnten. Die meist weiblichen Mitarbeiterinnen weisen darauf hin, sich an ihrem Arbeitsplatz nicht sicher zu fühlen. In den meisten Fällen seien sie alleine im Geschäft tätig, würden Überfälle fürchten und kaum Gelegenheit für Toilettenpausen finden.
Zu den arbeitsrechtlichen Vorwürfen zählt außerdem eine problematische Betriebsvereinbarung, die der Gewerkschaft zugespielt worden sei. "Die Vereinbarung dient ausschließlich dazu, um die bei Schlecker Beschäftigten um ihren Mehrarbeitszuschlag zu prellen. Das ist ein unannehmbarer Zustand, den wir mit Sicherheit nicht hinnehmen werden", kritisiert Stein. So müssten Mitarbeiter "jederzeit für Mehrarbeit zur Verfügung stehen und regelmäßig mehr Stunden arbeiten als vereinbart". Gleichzeitig werde der Arbeitsvertrag vom Dienstgeber niedrig gehalten. Knapp die Hälfte der Befragten berichte zudem von einseitigen Anordnungen zur Arbeitszeit.
"Die Wochenarbeitsstunden werden ohne Vereinbarung nach unten gesetzt, was massive Auswirkungen auf die finanzielle Situation der Beschäftigen hat", betont Anita Stavik, Wirtschaftsbereichssekretärin Handel bei der GPA-djp , gegenüber pressetext. Auf die Frage, ob der seit 2008 festgeschriebene Mehrarbeitszuschlag von 25 Prozent für Teilzeitbeschäftigte ausbezahlt wird, hätten 64 Prozent der Befragten mit einem klaren Nein geantwortet. Neben den verletzten Arbeitnehmerrechten liege dadurch eine Wettbewerbsverzerrung gegenüber anderen Marktteilnehmern vor, die den Mehrarbeitszuschlag leisten.
"Die Frauen sind bei möglichen Alternativen am Arbeitsmarkt stark eingeschränkt. Diese Situation wird ausgenützt", erklärt GPA-djp-Bundesfrauenvorsitzende Ilse Fetik im pressetext-Gespräch. Nachdem ihre Wochenarbeitsverträge vom Unternehmen herabgestuft werden, verdienen die Mitarbeiterinnen trotz Überstunden weniger Geld. Ein möglicher Freizeitausgleich werde ebenfalls von Schlecker vorgegeben. Außerdem würden die Beschäftigten dazu angehalten, "abgelaufene Ware zum Vollpreis zu kaufen", um Abschreibungen zu vermeiden. Die Mitarbeiterinnen müssten im Schlecker-Bestellshop gewisse Mindestmengen und Verkaufsziele erreichen. "Werden diese nicht erfüllt, bestellen sie für sich selbst oder ihre Familienmitglieder", so Bundesgeschäftsführerin Stein. Dabei spiele es keine Rolle, ob sie die Artikel benötigen oder nicht. Die Bestellungen würden lediglich getätigt, um Ermahnungen und angedrohten Kündigungen zu entgehen.
Die GPA-djp weist darauf hin, dass sie zu einem Dialog mit der Schlecker-Geschäftsführung über eine Verbesserung der Situation bereit sei. Diese habe bislang jedoch ausschließlich über Anwälte kommuniziert, was die Gewerkschaft als kontraproduktiv bewertet.
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