pte20081013021 Umwelt/Energie, Forschung/Entwicklung

Kautschuk aus Russischem Löwenzahn

EU-Projekt sucht nach Alternative bei Gummi- und Latex-Herstellung


Der Russische Löwenzahn ist mehr als nur Kaninchenfutter (Foto: C. Schulze Gronover)
Der Russische Löwenzahn ist mehr als nur Kaninchenfutter (Foto: C. Schulze Gronover)

Münster (pte021/13.10.2008/13:22) Ein Forscherteam der Universität Münster arbeitet an einer alternativen Herstellung von Kautschuk: Eine Lösungsvariante könnte dabei der Russische Löwenzahn sein. Da synthetisch hergestellte Kautschukprodukte wegen steigender Ölpreise immer teurer werden, könnte der Löwenzahn zu einem wichtigen Gummilieferanten werden. Das Wissenschaftsteam um Dirk Prüfer vom Institut für Biochemie und Biotechnologie der Pflanzen http://www.uni-muenster.de/Biologie.IBBP will nun eine Löwenzahnsorte züchten, die aufgrund ihrer Eigenschaften noch wesentlich besser für die Kautschukproduktion geeignet ist als die herkömmliche Pflanze. Die Erforschung Kautschuk liefernder Pflanzen wird durch das EU-Projekt "EU-PEARLS" (EU-based Production and Exploitation of Alternative Rubber and Latex Sources) mit 5,6 Mio. Euro gefördert.

"Durch die steigenden Ölpreise wird Naturkautschuk wieder interessanter", so der Forscher. Allerdings habe der herkömmliche Naturkautschuk, der aus dem Gummibaum gewonnen wird, zwei Nachteile: Die derzeit produzierte Menge ist kaum ausreichend und könnte auch kurzfristig nicht erhöht werden. Das zweite Problem ist die steigende Zahl der allergischen Reaktionen auf Naturkautschuk, der aus dem Gummibaum gewonnen wird. Synthetisch hergestellter Kautschuk - aber auch jener aus Löwenzahn löst hingegen keine Allergien aus. Für die Kautschukproduktion kommt der in Mitteleuropa heimische Löwenzahn nicht in Frage, da diese Pflanze nur sehr geringe Mengen der Substanz bildet. Der aus Russland stammende Löwenzahn Taraxacum koksaghyz produziert hingegen große Mengen davon. Hier macht der Kautschukanteil mehr als ein Drittel des Milchsaftes der Pflanze aus.

Ein Problem bereitet den Forschern zur Herstellung des "alternativen" Kautschuk allerdings noch Kopfzerbrechen: "Sobald die Pflanze verletzt wird und latexhaltiger Milchsaft austritt, wird der Saft braun und fließt nicht mehr", erklärt Prüfer. Diese Reaktion diene dem Verschluss von Verletzungen des Pflanzengewebes. Gleichzeitig behindert diese Eigenschaft jedoch die Kautschuk-Gewinnung. Den Forschern ist jedoch bekannt, welches Enzym für die Gerinnung des austretenden Milchsafts verantwortlich ist. "Bei Pflanzen, in denen wir das zuständige Gen ausgeschaltet haben, gibt es diesen Fließ-Stopp nicht. Sie sind für die Kautschuk-Produktion bestens geeignet. Allerdings untersuchen wir diese Pflanzen nur im Labor, sie sollen nicht in die Umwelt gelangen", so Prüfer. Erreichen wolle man durch klassische Züchtung eine Pflanze, bei der der Fließ-Stopp ebenfalls ausgeschaltet ist. Bis eine solche Zuchtlinie entstanden und "marktreif" ist, vergehen nach Schätzung des Experten etwa fünf Jahre. Dann könnte der Löwenzahn den Rohstoff zur Reifenherstellung liefern, aber auch für Produkte wie antiallergene Handschuhe oder Kondome.

Ein großer Vorteil des Löwenzahns ist seine Anspruchslosigkeit: Er wächst auf Böden, die zur Produktion von Nutzpflanzen nicht geeignet sind. Er wäre problemlos auch in Deutschland anbaubar. Da der Russische Löwenzahn nicht so vermehrungsfreudig ist wie sein einheimischer Verwandter, befürchte man auch keine massive Ausbreitung. Von den Materialeigenschaften her entspricht der aus Löwenzahn gewonnene Kautschuk jenem des synthetischen. Die Idee, den Russischen Löwenzahn zur Gummiproduktion zu verwenden, ist nicht neu: Die Pflanze wurde schon während des Zweiten Weltkriegs von Russland, den USA und auch von den Deutschen genutzt.

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