pte20080829033 Medizin/Wellness, Forschung/Entwicklung

Streit um Natursüßstoff Stevia: "EU-Kommission korrupt"

UN-Expertengremium attestiert Unbedenklichkeit der pflanzlichen Substanz


Stevia war bereits bei Indianern als Süßstoff bekannt (Foto:http://www.freestevia.de)
Stevia war bereits bei Indianern als Süßstoff bekannt (Foto:http://www.freestevia.de)

Hohenheim/Leuven (pte033/29.08.2008/13:55) Der Streit um den Natursüßstoff Stevia, der aus der ursprünglich in Südamerika beheimateten Pflanze Stevia rebaudiana gewonnen wird, geht weiter. Erst im Juni dieses Jahres hatte der UN-Ausschuss Joint Expert Committee on Food Additives (JECFA) die gesundheitliche Unbedenklichkeit von Stevia-Süßstoff festgestellt und einen Richtwert festgesetzt, wonach die tägliche Einnahme von bis zu vier Milligramm pro Kilogramm Steviol als sicher beurteilt werden kann. Diese Einschätzung gilt für Stevia-Süßstoffe mit einem Reinheitsgrad von mehr als 95 Prozent. Bisher ist Stevia, im Gegensatz zu zahlreichen anderen Ländern wie etwa in Japan, in der EU noch nicht zugelassen. Dies ruft nun eine Zahl von Kritikern auf den Plan.

Als skandalös bezeichnet Joannes Geuns, Molekularphysiologe für Pflanzen von der Katholischen Universität von Leuven http://www.kuleuven.be , die Verweigerung der Zulassung von Stevia im pressetext-Interview. "Es gibt kein einziges wissenschaftliches Paper, das Nebenwirkungen von Stevia beweist", kritisiert Geuns. "Täglich nehmen etwa 16 Mio. Menschen auf der ganzen Welt Stevia zu sich", rechnet der Wissenschaftler vor. Stevia werde weltweit auf mindestens 20.000 Hektar Fläche angebaut. Das bedeute, dass etwa 60.000 Tonnen Trockenblätter im Jahr anfallen. Im Vergleich zu herkömmlichem Zucker ist der natürliche kalorienfreie Süßstoff um etwa 250 Mal süßer und wird auch von Diabetikern sehr gut vertragen.

Geuns kritisiert, dass Substanzen wie etwa Sucralose, ein künstlicher Süßstoff, der ebenso wie Zucker sehr gut wasserlöslich ist und sich im Abwasser schwer abbauen läßt, von der EU-Kommission zugelassen wurde. "Bei der Substanz handelt es sich um Saccharose mit drei angehängten Chloratomen. Erhitzt man diesen Stoff auf 700 Grad entstehen giftige Dioxine." Die Gründe, warum Stevia die Zulassung nicht erhalten habe, könne nur in der Korruption der EU-Kommission liegen. "Diese Geschichte ist ein Skandal für Europa", meint Geuns.

Nach Angaben der Universität Hohenheim http://www.uni-hohenheim.de führt die Schweiz als erster europäischer Staat den viel versprechenden Natur-Süßstoff ein. "Die großen Getränkehersteller Pepsi und Coca Cola haben bereits angekündigt, demnächst Stevia-gesüßte Getränke auf den Markt zu bringen", zitiert Stevia-Experte Udo Kienle von der Universität Hohenheim gegenüber pressetext. Kienle wertet den Vorstoß der Schweizer als interessanten Schachzug. Die Schweiz gebe somit ein hervorragendes Experimentierfeld für international operierende Lebensmittelkonzerne, um Marketingstrategien und Verbraucherakzeptanz zu testen. Umgekehrt ergeben sich daraus für die in der EU überwiegend mittelständisch und regional orientierte Lebensmittelindustrie gewaltige Nachteile.

Kienle, der sich seit knapp 20 Jahren mit Stevia beschäftigt, sieht im Schweizer Vorstoß aber auch einen Weg zur EU-weiten Zulassung des Natursüßstoffes. "Es geht im Prinzip darum, die Unbedenklichkeit von Stevia wissenschaftlich zu belegen", erklärt Kienle. Gefährlich sei Stevia vor allem für die Hersteller von synthetischen Süßstoffen, meint der Bonner Privatdozent Ralf Pude vom Institut für Gartenbauwissenschaft http://www.uni-bonn.de . Gut dokumentiert sind die positiven Effekte von Stevia: Es senkt bei regelmäßiger Aufnahme den Blutdruck und verhindert die Entstehung von Zahnbelag. Die angeblich in einer früheren Studie nachgewiesene Einbuße der Fruchtbarkeit bei Ratten beziehe sich auf extrem hohe Dosen von täglich mehr als die Hälfte des eigenen Körpergewichts an frischen Stevia-Blättern. Ersetzt man die durchschnittlich tägliche Zuckerdosis eines Deutschen - insgesamt 130 Gramm - mit Stevia, käme man auf etwa ein halbes Gramm.

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Aussender: pressetext.austria
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